Die vier Säulen des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes
Obwohl Betriebsräte zur Stärkung der Arbeitnehmerrechte im Betrieb eines der wichtigsten Instrumente sind, nimmt die Zahl der Betriebsratsgremien in Deutschland immer weiter ab. Dieser Entwicklung soll das Betriebsrätemodernisierungsgesetz entgegenwirken. Im Kern wurde an vier Stellschrauben gedreht:
- Erleichterung der Betriebsratsgründung und Erweiterung des Kündigungsschutzes
- Modernisierung der Betriebsratssitzungen
- Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei mobiler Arbeit
- Stärkung der Rechte des Betriebsrats bei künstlicher Intelligenz
Daneben finden sich in dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz, das im Gesetzgebungsverfahren teilweise noch Betriebsrätestärkungsgesetz hieß, weitere kleine Änderungen. Dazu zählt beispielsweise die Klarstellung, dass die Verschwiegenheitspflichten von Datenschutzbeauftragten auch solche Informationen umfassen, deren Bekanntgabe an den Arbeitgeber die interessenvertretungsrechtliche Unabhängigkeit des Betriebsrats berühren. Außerdem wurde das Initiativrecht des Betriebsrats bei Themen der Berufsbildung ausgebaut.
Erleichterung der Betriebsratsgründung und Erweiterung des Kündigungsschutzes
Da das Wahlverfahren des Betriebsrats sehr formal ausgestaltet ist, werden Arbeitnehmer in kleinen Betrieben hiervon oft abgeschreckt. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wird das vereinfachte Wahrverfahren für Betriebe bis zu 100 Arbeitnehmer ab sofort zwingend. Zusätzlich wird das Mindestalter für die Wahlberechtigung herabgesetzt. Beschäftigte dürfen nun bereits mit Vollendung des 16. Lebensjahres und nicht mehr erst mit Vollendung des 18. Lebensjahres an Betriebsratswahlen teilnehmen.
Auch der Schutz von Arbeitnehmern, die sich an Betriebsratswahlen engagieren, wird verstärkt. So sind seit der Gesetzesänderung diejenigen Beschäftigten, die zu einer Betriebs- oder Wahlversammlung einladen oder die Bestellung eines Wahlvorstands beantragen, für die Zeit zwischen der Einladung bzw. Antragsstellung und der Bekanntgabe des Wahlergebnisses unkündbar.
Modernisierung der Betriebsratssitzungen
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass zwingende Präsenzversammlungen nicht immer der beste Weg sind. Um dieses Problem zu lösen und der zunehmenden Digitalisierung gerecht zu werden, können Betriebsratssitzungen künftig – auch nach der Corona-Pandemie – digital per Telefon- und Videokonferenz abgehalten werden. Die erforderlichen Rahmenbedingungen sind in der Geschäftsordnung festzuhalten. Die Möglichkeit der digitalen Sitzung besteht allerdings nur dann, wenn nicht ein Viertel der Betriebsratsmitglieder widersprechen und wenn sichergestellt ist, dass Dritte trotz der digitalen Ausgestaltung vom Inhalt der Betriebsratssitzung Kenntnis erlangen können. Eine Aufzeichnung der Sitzung bleibt zum Schutze der Betriebsratsmitglieder unzulässig. Bei einem Verstoß gegen diese Regeln sind die in der digitalen Sitzung gefassten Beschlüsse unwirksam.
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei mobiler Arbeit
Ebenfalls eine Auswirkung der Covid-19-Pandemie ist die gesteigerte Akzeptanz von Home Office. Zur Stärkung der Rechte des Betriebsrats bei dieser mobilen Arbeit wurde § 87 Abs. 1 Nr. 14 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) neu eingefügt. Betriebsräte haben mithin nun ein Mitbestimmungsrecht bezüglich des „Wie“ der mobilen Arbeit. Die Frage, ob Home Office oder andere mobile Arbeit ermöglicht wird, bleibt weiterhin die alleinige Entscheidung des Arbeitgebers. Der Betriebsrat darf somit beispielweise über den Ort und den zeitlichen Umfang der mobilen Arbeit mitbestimmen, nicht aber über die Frage, ob überhaupt Home Office möglich sein soll.
Stärkung der Rechte des Betriebsrats bei künstlicher Intelligenz
Im Zuge der Digitalisierung am Arbeitsplatz wurden zusätzlich die Rechte des Betriebsrats bei der Planung von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen mit Künstlicher Intelligenz (KI) gestärkt. So ist künftig insbesondere stets ein Sachverständiger für Künstliche Intelligenz hinzuziehen, wenn der Betriebsrat die Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz zu beurteilen hat. Der Betriebsrat muss also nicht mehr mit dem Arbeitgeber über die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Experten diskutieren.
Zusätzlich wurde klargestellt, dass die Rechte des Betriebsrats bei der Planung von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen selbst dann gelten, wenn der Einsatz von künstlicher Intelligenz im Unternehmen vorgesehen ist.
Fazit: Der erste Schritt ist endlich getan
Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz ist ein lange überfälliger Schritt in Richtung der Digitalisierung von Betriebsräten. Auch die Ausweitung der Rechte des Betriebsrats bei mobiler Arbeit und KI-Fragen geht in die richtige Richtung. Allerdings bleiben Rechtsunsicherheiten, etwa was genau unter den Begriff der Künstlichen Intelligenz fällt. Das werden Gerichte in Zukunft entscheiden und definieren müssen.
Als erfahrene Rechtsanwälte für kollektives Arbeitsrecht betreuen wir zahlreiche Betriebsräte. Zögern Sie daher nicht, uns bei Fragen rund um das Recht des Betriebsrats zu kontaktieren.