E-Sport und Arbeitsrecht: So funktionieren die Gaming-Verträge

Viele junge Gamer und Streamer streben nach einer Karriere als E-Sportler. Kein Wunder, locken doch die internationalen Wettbewerbe mit Preisgeldern von bis zu über 10 Millionen Euro. Ähnlich wie beim klassischen Sport, haben sich auch im E-Sport große Vereine, sog. Clans etabliert. Die Clans beschäftigen zahlreiche E-Sportler, darunter etablierte Profis, aufstrebende Gaming-Talente und Newcomer.

Dem zugrunde liegen komplexe Verträge, die teilweise als „Anstellungsvertrag“, „Dienstvertrag“ oder als „Freelancer-Vertrag“ bezeichnet werden. Damit verpflichten sich die E-Sportler meist zur Teilnahme an bestimmten Terminen, zum Training zu festgelegten Zeiten und zur Begrenzung des eigenen Gamings auf ein bestimmtes Videospiel. Nicht selten finden sich auch Verpflichtungen zur Teilnahme an Marketingevents und zur Unterlassung jeglichen Wettbewerbs zum Clan. Im Gegenzug erhalten die E-Sportler ein (teilweise fixes, teilweise variables) Gehalt.

Klassische arbeitsrechtliche Ansprüche auf Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Überstundenvergütung sucht man hingegen oft vergebens. Das bedeutet aber nicht, dass E-Sportler schutzlos gestellt sind. Wären E-Sportler nämlich als Arbeitnehmer im Rechtssinne einzuordnen, stehen ihnen diese Rechte von Gesetzes wegen zu. Ob E-Sportler als Arbeitnehmer gelten richtet sich nach § 611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Entscheidend ist danach die tatsächliche Gestaltung der Tätigkeit. Notwendig für die Einordnung von E-Sportlern als Arbeitnehmer ist, dass

  1. Videospielen als Arbeit im Sinne des Gesetzes angesehen werden kann und
  2. nach den Gesamtumständen eine abhängige Beschäftigung als Arbeitnehmer vorliegt.

Profi-Gaming als Arbeit?

Nach § 611a Abs. 1 S. 1 BGB ist der Arbeitnehmer zur Erbringung von „Arbeit“ verpflichtet. Arbeit ist definiert als planmäßiger Einsatz körperlicher und geistiger Kräfte zur Erreichung eines wirtschaftlich messbaren Zwecks. Oder einfacher ausgedrückt: Der E-Sportler muss seine Leistungsfähigkeit für eigene wirtschaftliche Interessen (insbesondere damit seinen Lebensunterhalt verdienen wollen) und für die wirtschaftlichen Interessen des Dienstgebers (Erzielung von Gewinn am Markt) einsetzen.

Wer also nur zum reinen Selbstzweck in der Freizeit spielt, erbringt noch keine Arbeit in diesem Sinne. Es fehlt an der Verfolgung wirtschaftlicher Interessen. Zumindest im (semi-)professionellen Bereich ist E-Sport als Arbeit anzusehen. Hier verfolgen die E-Sportler gerade das Ziel, mit dem Gaming ihren Lebensunterhalt zu finanzieren und fördern gleichzeitig die wirtschaftlichen Interessen des Clans. Letzterer partizipiert am wirtschaftlichen Erfolg durch Werbeeinnahmen, Sponsorenverträge und Beteiligungen an Preisgeldern.

Wie im Fußball: E-Sportler sind meist Arbeitnehmer

Im klassischen Sport ist die Frage der Arbeitnehmereigenschaft schon seit Jahren geklärt: Sportler sind, außer unter Umständen im Amateurbereich, grundsätzlich als Arbeitnehmer anzusehen. Im E-Sport ist das nicht anders:

Ob E-Sportler als Arbeitnehmer oder Selbständige (Freelancer) gelten, bestimmt sich nach den tatsächlichen Begebenheiten. Unterliegt der E-Sportler dem Weisungsrecht des Clans und ist er in dessen betriebliche Organisation eingegliedert, wird er regelmäßig als Arbeitnehmer anzusehen sein. Klassische Freelancer sind E-Sportler aus rechtlicher Sicht nur dann, wenn sie ein eigenes unternehmerisches Risiko tragen und vom Clan weder wirtschaftlich abhängig noch in dessen Organisation eingegliedert sind.

Sieht man sich den typischen Alltag sowie die Rechte und Pflichten eines E-Sportlers an, spricht vieles für eine Weisungsgebundenheit wie bei klassischen Arbeitnehmern: So gibt der Clan zumindest bei professionelleren Gamern genau vor, an welchem Turnier und in welchem Videospiel der E-Sportler antritt. Dazu gibt es Trainingspläne, Spielpläne und Vorgaben für das Teamplay mit anderen E-Sportler, an die sich der Profi-Gamer halten muss. Immer häufiger finden sich sogar Vorgaben zum Arbeitsort, da die E-Sport-Teams häufig in sogenannten Gaming-Häusern gemeinsam trainieren und leben.

Zusätzlich ist der E-Sportler meist in die betriebliche Organisation des Clans eingebunden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Clan das Management übernimmt und dem E-Sportler die Arbeitsmittel (Hardware) und das notwendige Personal (Trainer, Betreuer) stellt. Aufgrund der umfassendes Wettbewerbsverbote in vielen Spielerverträgen ist auch eine wirtschaftliche Abhängigkeit vom Clan gegeben.

Zusammenfassend lässt sich daher folgendes festhalten: Professionelle und semiprofessionelle E-Sportler sind in der Regel Arbeitnehmer des Clans. Nur ausnahmsweise können E-Sportler als Freelancer angesehen werden, wenn sie ihre Tätigkeit, Trainingseinheiten und das Management weisungsfrei selbst bestimmen können. Die Abgrenzung kann dennoch im Einzelfall schwierig sein, weshalb sowohl die Clans als auch die E-Sportler gut beraten sind, einen erfahrenen Rechtsanwalt im Arbeitsrecht mit Expertise im E-Sport-Recht zu Rate zu ziehen.

Rechte der E-Sportler bei Bejahung der Arbeitnehmereigenschaft

Ist ein E-Sportler als Arbeitnehmer einzuordnen, stehen ihm nach den deutschen Arbeitsgesetzen zahlreiche Rechte zu. Insbesondere haben die Profi-Gamer Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und auf bezahlten Erholungsurlaub. Für das Gehalt gibt es ebenfalls einige Vorgaben: Es muss der Mindestlohn pro Arbeitsstundeeingehalten werden und die Gehälter können grundsätzlich nicht einseitig vom Clan gekürzt werden.

Daneben sind E-Sportler dank des gesetzlichen Kündigungsschutzes bei der Beendigung ihrer Arbeitsverträge geschützt. Sind die Verträge – wie fast immer – befristet, gelten die strengen Vorgaben des Teilzeit- und Befristungsgesetzes.

Fazit: E-Sportler sind in Deutschland nicht schutzlos

Da professionelle E-Sportler überwiegend als Arbeitnehmer gelten, sind sie in Deutschland gut geschützt. Will der Clan einen Profi-Gamer kündigen, lässt sich deshalb häufig eine hohe Abfindungszahlung verhandeln. Damit das gelingt, sollte bereits frühzeitig ein Rechtsanwalt aus dem Arbeitsrecht und E-Sport-Recht eingeschaltet werden. Bei uns finden Sie nicht nur Fachanwälte für das klassische Arbeitsrecht, sondern auch Rechtsanwälte mit Erfahrung im Gaming und E-Sport.