Durch BAG-Urteil: Zeiterfassungspflicht für alle Arbeitgeber

Das Bundearbeitsgericht hat kürzlich entschieden, dass sich aus der Verpflichtung von Arbeitgebern aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG, eine geeignete Organisation und erforderliche Mittel anzubieten, um den Gesundheitsschutz seiner Arbeitnehmer zu gewährleisten, auch eine Zeiterfassungspflicht ergibt. Das heißt konkret, dass Arbeitgeber für jeden Mitarbeiter Arbeitszeitkonten in einem Zeiterfassungssystem führen müssen.

Was ein Zeiterfassungssystem genau ist

Zeiterfassungssysteme oder auch Arbeitszeitkonten sollen den Arbeitsalltag für Arbeitnehmer flexibler gestalten: bei pauschaler Bezahlung für eine festgelegte Stundenzahl können durch Arbeitszeitkonten etwaige Minus- oder Überstunden erfasst und ausgeglichen werden.

Man spricht von einer wechselseitigen Vorschussvereinbarung: der Arbeitgeber entlohnt die vertraglich festgelegte Arbeitszeit, gegebenenfalls noch bevor sie erbracht wurde; der Arbeitnehmer muss das Arbeitszeitkonto jedoch im Zweifel durch Nachleistung der Arbeitszeit ausgleichen.

Eingeführt werden können solche Arbeitszeitkonten durch vertragliche Vereinbarung der Parteien, idealerweise schon bei Abschluss des Arbeitsvertrages.

Kurzzeit- und Langzeitkonten – beides ist erlaubt

Bei der Einrichtung von Zeiterfassungssystemen können Arbeitgeber zwischen Kurzzeit- und Langzzeitkonten wählen.

Kurzzeitkonten sehen eine variable Verteilung der Arbeitszeit innerhalb eines überschaubaren Zeitraums vor; beispielsweise eines Monats oder eines Jahres. Geeignet sind Kurzzeitkonten etwa für die Umsetzung eines Gleitzeitmodells.

Langzeitkonten sehen hingegen einen weitaus längeren Ausgleichszeitraum vor und dienen häufig dazu, Guthaben anzusparen, um eine längerfristige Freistellung zu ermöglichen.

Korrekturen von Fehlern im Arbeitszeitkonto

Im Zeiterfassungssystem eingetragene Stunden werden regelmäßig unstreitig gestellt, sodass arbeitnehmerseitig ein Verweis auf das Konto mit entsprechendem Zeitguthaben zum Beweis von Überstunden genügt, auch ohne konkrete Angabe von Tagen und Arbeitszeiten.

Daher sollte das Arbeitszeitkonto nicht in Stein gemeißelt sein; um Manipulationen oder versehentliche Fehler zu vermeiden, muss eine Prüfungs- und Korrekturkompetenz des Arbeitgebers aus sachlichen Gründen vereinbart werden sowie die Möglichkeit des Arbeitnehmers, fehlerhaft eingetragene Arbeitszeiten korrigieren zu lassen.

Ausgleich des Arbeitszeitkontos – das gilt rechtlich

Fest vereinbart werden muss auch, wie viele Stunden der Arbeitnehmer im Erfassungszeitraum vertraglich abzuleisten verpflichtet ist und nach welchem Zeitraum eine Abgeltung von Über- oder Minusstunden erfolgt.

Dabei drängt sich auch die nächste Frage schon auf: wie der Ausgleich des Arbeitszeitkontos erfolgt.

Während Minusstunden wohl regelmäßig nachgearbeitet werden sollen, können Überstunden durch Freizeitausgleich oder Auszahlung in Geld abgegolten werden; hierbei kann neben einer festen Regelung auch ein Wahlrecht des Arbeitnehmers vereinbart werden.

Fazit: Zeiterfassungspflicht als gewaltige Aufgabe für Arbeitgeber

Das BAG hat Arbeitgebern mit seinem Urteil also einen Bärendienst erwiesen. Denn mit der Pflicht zur Zeiterfassung kommen auf Arbeitgeber zahlreiche rechtliche Fragen zu, die bisher nicht gesetzlich geregelt wurden. Ohne ein geeignetes Zeiterfassungssystem riskieren Arbeitgeber aber hohe Rechtsunsicherheit, weshalb ein Warten auf den Gesetzgeber nicht empfehlenswert ist.

Als Fachkanzlei für Arbeitsrecht mit jahrelanger Erfahrung rund um das Thema Arbeitszeiterfassung und Überstunden helfen wir Ihnen jedoch gerne dabei, diese Aufgabe zu bewältigen und ein für Sie passendes Modell zu entwickeln. Zögern Sie daher nicht, uns jederzeit zu kontaktieren.