Sachverhalt
Klage erhoben hat ein technischer Sachbearbeiter, der in der Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Juli 2015 bei dem Beklagten mit einem monatlichen Bruttoverdienst von 4.361 Euro beschäftigt war. Teil seines Arbeitsvertrages war eine Klausel, nach der Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Fälligkeit gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden müssen. Im Falle einer Ablehnung müssen diese Ansprüche bei Gericht anhängig gemacht werden, und zwar innerhalb einer Frist von weiteren drei Monaten, nachdem dem Anspruchsteller die Ablehnung zugegangen ist. Erhebt er keine Klage, verfallen die Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag. Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 14. September 2015 auf, 32 Urlaubstage in Höhe von 6.387,52 Euro und 182,25 Überstunden mit 4.671,88 Euro zu vergüten. Der Beklagte lehnte diese vom Kläger geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 28. September 2015 ab. Er wies jedoch darauf hin, dass er an einer einvernehmlichen Lösung interessiert sei. Die von beiden Parteien beauftragten Rechtsanwälte führten in der Folgezeit Vergleichsverhandlungen, die bis zum 15. November 2015 dauerten. Sie blieben jedoch ergebnislos, sodass dem Kläger als Anspruchsteller nur der Klageweg blieb.
Hemmung der Ausschlussfrist ?
Das Aufforderungsschreiben vom 14. September 2015 bezüglich der Urlaubsabgeltung ist dem Arbeitgeber fristgerecht zugegangen. Es traf innerhalb von drei Monaten ein, nachdem das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten beendet worden war und nachdem der Anspruch auf Urlaubsabgeltung fällig war. Im Zeitpunkt der Klageerhebung am 21. Januar 2016 waren bereits mehr als drei Monate vergangen, seitdem der Arbeitgeber mit Schreiben vom 28. September 2015 die Forderung abgelehnt hatte. Insoweit ist die Ausschlussfrist, nämlich drei Monate ab Zugang der Ablehnung, nicht eingehalten worden.
Die Entscheidungen in erster und zweiter Instanz
Am 21. Januar 2016 erhob der Kläger deshalb in erster Instanz Klage vor dem Arbeitsgericht Nürnberg, das die Klage mit Urteil vom 9. Februar 2017 – 11 Ca 340/15 - jedoch abwies. Der Kläger ging in Berufung, die vom zuständigen Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg in einem Urteil vom 9. Mai 2017 – 7 Sa 560/16 - mit der Begründung zurückgewiesen wurde, dass die Ansprüche des Klägers verfallen seien, da sie nicht fristgerecht, nämlich innerhalb der Ausschlussfrist, gerichtlich geltend gemacht worden seien.
Die Entscheidung des BAG
Erst in der Revision war der Kläger erfolgreich. In dritter Instanz urteilte der fünfte Senat des BAG´s, dass die Begründung des LAG´s nicht ausreicht, um die Klage abzuweisen. Nach Auffassung des BAG´s hat der Kläger die dreimonatige Ausschlussfrist, die er für die gerichtliche Geltendmachung seiner Ansprüche auf Auszahlung von Urlaub und Überstunden einhalten musste, gewahrt. Zur Begründung führte das oberste Gericht an, dass die Ausschlussfrist nach § 203 S. 1 BGB während der Dauer der Vergleichsverhandlungen gehemmt war. Im Ergebnis wurde der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht Nürnberg zurückverwiesen.
Fazit
Das BAG hat mit diesem Urteil eine Entscheidung getroffen, die der bisherigen Rechtsprechung der Arbeitsgerichte entgegensteht. Danach können Ausschlussfristen auch wegen außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen gehemmt sein. Das bedeutet , vorgerichtliche Vergleichsverhandlungen die Ausschlussfrist entsprechend § 209 BGB hemmen können.
Zur Erklärung
Ausschlussfristen gelten nur auf Basis einer tariflichen oder arbeitsvertraglichen Regelung oder wenn eine Ausschlussfristenregelung in einer Betriebsvereinbarung enthalten ist. Im Gegensatz zu Verjährungsfristen, die auf gesetzlichen Regelungen basieren und einheitlich geregelt sind, variieren Ausschlussfristen. Sie können zum Beispiel sechs Wochen, drei oder auch sechs Monate lang sein und verschiedene Pflichten zum Inhalt haben, zum Beispiel eine Klageerhebung oder schriftliche Geltendmachung. Ausschlussfristen haben weitreichende Folgen, da sie den jeweiligen Anspruch vernichten. Das bedeutet auch, dass ein Gericht die Geltung von Ausschlussfristen von Amts prüft, ohne dass sich die Beklagte darauf berufen muss.