Rückzahlung von Fortbildungskosten bei Nichtantritt zur Prüfung: Der BAG-Fall im Detail
Mit Urteil vom 25.04.2023 – Az.: 9 AZR 187/22 entschied das Bundesarbeitsgericht die Frage, ob eine Rückzahlungsverpflichtung für Fortbildungskosten daran geknüpft werden kann, dass der Mitarbeitende die Abschlussprüfung der Fortbildung nicht ablegt. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Eine Arbeitnehmerin nahm an einem Lehrgang zur Vorbereitung auf ihre Steuerberaterprüfung teil, wobei der Arbeitgeber die Kosten für die Fortbildung übernahm. Zusätzlich schlossen Arbeitnehmerin und Arbeitgeber hierzu einen Fortbildungsvertrag. Dieser sah eine Rückzahlungspflicht der Fortbildungskosten (bis zu 10.000,00 Euro) bei Abbruch oder wiederholten Nichtablegen des Examens durch die Arbeitnehmerin vor. Sollte die Mitarbeiterin die Abschlussprüfung aus einem nicht von ihr zu vertretenden Gründen (etwa dauerhafte Erkrankung) nicht ablegen können, war sie gemäß der Vereinbarung verpflichtet, die Fortbildung nach Beendigung des Verhinderungsgrundes wiederaufzunehmen und das Examen abzuschließen.
Trotz dieser Regelung trat die Arbeitnehmerin in den Jahren 2018, 2019 und 2020 die Abschlussprüfungen nicht an. Vielmehr kündigte sie das Arbeitsverhältnis zum 30.6.2020, woraufhin die Arbeitgeberin die ehemalige Mitarbeiterin auf Rückzahlung der Fortbildungskosten in Anspruch nahm.
Urteil: Pauschale Rückzahlungsklausel für Nichtablegen der Prüfung unwirksam
Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die Arbeitnehmerin nicht zur Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichtet sei. Der Arbeitgeberin steht kein Anspruch auf Rückzahlung der Fortbildungskosten wegen Nichtablegens der Prüfung zu.
Die Richter hielten die entsprechende Vereinbarung im Fortbildungsvertrag für unwirksam, da sie an das wiederholte Nichtablegen der Abschlussprüfung anknüpfte, ohne aber ausreichend zu differenzieren, aus welchen Gründen eine Teilnahme an der Abschlussprüfung nicht erfolgte.
Laut Bundesarbeitsgericht dürfen Arbeitgeber die Rückzahlungspflicht von Fortbildungskosten nicht pauschal an das wiederholte Nichtablegen einer Prüfung knüpfen. Stattdessen müssen bereits in der Klausel praktisch relevante Fallkonstellationen von der Rückzahlung ausgenommen werden, bei denen die Gründe für die Nichtablegung der Abschlussprüfung nicht im Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers liegen. Das ähnelt den Anforderungen der Rechtsprechung in Fällen zu Rückzahlungsklauseln bei Gratifikationen.
Für Arbeitgeber: So müssen Rückzahlungsklauseln für Fortbildungskosten aussehen
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts verfeinert die Vorgaben für rechtlich sichere Rückzahlungsklauseln bei Fortbildungskosten. Wirklich überraschend ist die Entscheidung aber nicht. Wir haben bereits im Jahre 2022 darauf hingewiesen, dass entsprechende Vereinbarungen bestimmte Fallgruppen ausklammern müssen.
Arbeitgeber müssen bei Rückzahlungsklauseln von Fortbildungskosten weiterhin drei goldene Regeln einhalten:
- Der Arbeitnehmer muss einen geldwerten Vorteil durch die Fortbildung erlangt haben
- Der Auslösungsgrund für die Rückzahlung muss aus der vertretbaren Sphäre des Mitarbeiters kommen
- Die Klausel muss verhältnismäßig sein und darf keine zu lange Bindungsdauer vorsehen.
Bereits ein kleiner Fehler in der Formulierung kann zur Unwirksamkeit der ganzen Klausel führen. Arbeitgeber sollten deshalb die Vereinbarung nur von einem erfahrenen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht formulieren lassen. Als Fachanwaltskanzlei für Arbeitsrecht haben wir regelmäßig mit solchen Klauseln zu tun und kennen die genauen Vorgaben der Rechtsprechung und erstellen rechtssichere Rückzahlungsklauseln. Zögern Sie daher nicht, uns jederzeit zu kontaktieren.