Was bedeutet die tägliche Mindestruhezeit?

Aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben in Form der Richtlinie über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Richtlinie 2003/88/EG) hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf eine tägliche Mindestruhezeit. Gemäß Artikel 3 dieser Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union Maßnahmen treffen, aufgrund derer sichergestellt werden kann, dass jedem Arbeitnehmer elf Stunden Ruhezeit am Stück pro 24-Stunden-Zeitraum gewährt werden. Das bedeutet, dass zwischen dem Ende des einen Arbeitstages und dem Beginn des nächsten Arbeitstages mindestens elf volle Stunden vergehen müssen. Ein Arbeitnehmer, der beispielsweise bis 20 Uhr arbeitet, darf also am nächsten Morgen frühestens um 7 Uhr wieder mit der Arbeit beginnen.

Was bedeutet die wöchentliche Mindestruhezeit?

Gemäß Artikel 5 der unionsrechtlichen Arbeitszeitrichtlinie muss jedem Arbeitnehmer zudem pro Siebentagezeitraum – also pro Kalenderwoche – eine kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden gewährt werden. Es muss daher in jeder Woche mindestens einen Zeitabschnitt von 24 Stunden am Stück geben, in denen der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit herangezogen werden darf.

Umsetzung in Deutschland im ArbZG

Diese unionsrechtlichen Vorgaben wurden in Deutschland im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) umgesetzt. Gemäß § 5 ArbZG müssen Arbeitnehmer – genauso wie es in der Richtlinie vorgesehen ist – nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben. Ausnahmen sind jedoch unter engen Voraussetzungen möglich für bestimmte Berufsgruppen, zum Beispiel in Krankenhäusern oder Gaststätten.

Die wöchentliche Mindestruhezeit ist in Deutschland in etwas anderer Weise geregelt, als die europarechtliche Richtlinie es formuliert: Gemäß § 9 ArbZG dürfen Arbeitnehmer an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden. Durch diese Regelung soll sichergestellt werden, dass es immer mindestens einen Ruhetag für die Arbeitnehmer im Laufe einer Woche gibt. Zwar gibt es auch hier Ausnahmen für bestimmte Berufsgruppen, jedoch sollen solche Arbeitnehmer dann über die in § 11 ArbZG geregelten sogenannten Ersatzruhetage zu ihrem Recht kommen.

Aktuelle Entscheidung des EuGH zu Arbeitszeiten und Ruhezeiten

In einem Fall vor einem ungarischen Gericht (der Ausgangspunkt für den Fall des EuGH) hatte ein ungarischer Lokführer geklagt, weil sein Arbeitgeber ihm keine tägliche Ruhezeit von elf Stunden am Stück gewähren wollte, wenn diese direkt vor bzw. nach einer wöchentlichen Ruhezeit oder einem Urlaub erfolgt wäre. Im konkreten Fall kam hinzu, dass der für den Lokführer einschlägige Tarifvertrag eine deutlich längere wöchentliche Mindestruhezeit vorsah, als nach den unionsrechtlichen Vorgaben erforderlich gewesen wäre.

In seinem Urteil vom 02.03.2023 (Az.: C 477/21) entschied der EuGH, dass tägliche und wöchentliche Ruhezeit zwei unterschiedlichen Zwecken dienen und daher jeweils einen eigenständigen Anspruch darstellen. Während die tägliche Ruhezeit sich unmittelbar an einen Arbeitstag anschließt, ist die wöchentliche Ruhezeit dafür gedacht, dass der Arbeitnehmer sich mindestens einmal pro Woche für eine längere Zeit am Stück ausruhen kann.

Würde man nun zulassen, dass die tägliche Ruhezeit an den Tagen der Wochenruhezeit bereits als Teil des freien Tages verbraucht wäre, so würde man dem Arbeitnehmer an diesen Tagen einen seiner beiden Ansprüche kürzen. Daher ist die wöchentliche Ruhezeit stets zur täglichen Ruhezeit hinzu zu addieren, auch wenn beide Zeiträume direkt aufeinander folgen. Dies ergibt sich aus Artikel 5 der unionsrechtlichen Arbeitszeit-Richtlinie, der klarstellt, dass die wöchentliche Mindestruhezeit jeweils zuzüglich der täglichen Ruhezeit gewährt werden muss. Das gilt nach dem Urteil des EuGH selbst dann, wenn im konkreten Arbeitsverhältnis – zum Beispiel aufgrund eines einschlägigen Tarifvertrags – eine längere wöchentliche Ruhezeit als die mindestens erforderliche Zeit gilt.

Beratung durch Fachanwälte für Arbeitsrecht

Unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht haben viel Erfahrung in der Beratung sowohl von Arbeitnehmern als auch von Arbeitgebern hinsichtlich der Umsetzung der täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeit im praktischen Arbeitsalltag. Wenn Sie also Fragen zur Vertragsgestaltung haben oder ihre Ansprüche durchsetzen wollen, kontaktieren Sie uns gerne.