Der Fall: Kein Lohn für Minijobber während des Lockdowns        

Dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13.10.2021 (Az.: 5 AZR 211/21) lag der Fall eines Minijobbers auf 450-Euro-Basis zugrunde. Der Arbeitnehmer war bei einer Filiale eines Nähmaschinenhandels in Verden, Niedersachsen geringfügig beschäftigt. Die Filiale musste, wie viele Unternehmen in der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 vollständig schließen.

Der Arbeitgeber führte deshalb Kurzarbeit ein und nutzte – wie auch viele andere Betriebe in Deutschland – die Erhöhungen des Kurzarbeitergeldes durch den Staat aus. Das war allerdings nicht bei allen Mitarbeitern möglich. Insbesondere Minijobber wie der Kläger im BAG-Fall sind nämlich von der Gewährung von Kurzarbeitergeld ausgeschlossen. Die Folge: Der Arbeitgeber zahlte dem geringfügig Beschäftigten keinen Lohn mehr aus, da dieser wegen der Schließung auch nicht im Laden arbeiten konnte.

Der betroffene Arbeitnehmer wollte das nicht auf sich sitzen lassen und klagte auf Auszahlung seines Lohns. Immerhin sei er arbeitsfähig und -willig gewesen und könne nichts für den Lockdown. Während diese Argumentation die ersten beiden Instanzen überzeugte, wies das BAG die Klage ab und versagte dem Minijobber seinen Lohnanspruch.    

Wer trägt das Risiko des Arbeitsausfalles wegen Lockdowns?        

Der Entscheidung des BAG liegt die klassische Frage zugrunde, wer das Risiko von Arbeitsausfällen trägt. Dabei sieht § 615 Satz 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) den Grundsatz vor, dass dem Arbeitgeber das sogenannte Betriebsrisiko zur Last fällt. Kann also im Betrieb nicht gearbeitet werden, weil beispielsweise Lieferengpässe, Rohstoffknappheit oder technische Probleme im Unternehmen zu einem Arbeitsausfall führen, bleibt der Arbeitgeber zur Lohnzahlung verpflichtet. Ausnahmen hiervon wurden bisher nur in Extremfällen angenommen, wenn der Arbeitgeber durch die Lohnzahlung in wirtschaftliche Existenznot gerät.

Anders sieht es bei in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen und dem sogenannten allgemeinen Lebensrisiko aus. Kann der Arbeitnehmer wegen eines Bahnstreiks oder wegen schlechtem Wetter nicht zur Arbeit kommen, trägt er das Risiko und erhält keine Bezahlung.    

BAG: Lockdown gehört nicht zum Betriebsrisiko des Arbeitgebers        

Das BAG hatte darüber zu entscheiden, ob die Schließung von Betrieben im Rahmen des Lockdowns zum Betriebsrisiko des Arbeitgebers gehört oder nicht.

Die Gerichte der ersten und zweiten Instanz bejahten dies. Sie argumentierten, dass sich die pandemiebedingte Schließung gerade gegen den Betrieb als solches richte, um die Verbreitung des Corona-Virus einzuschränken. Auch habe die gesetzliche Anordnung nur den Publikumsverkehr verhindert. Es sei dem Arbeitgeber aber möglich gewesen, seine Beschäftigten vor Ort mit anderen Arbeiten zu betrauen. Damit handle es sich um ein betriebsbedingtes Risiko des Arbeitgebers, sodass dieser zur Lohnzahlung verpflichtet bliebe.

Dieser Argumentation hat das BAG einen Riegel vorgeschoben. Das Gericht entschied, dass der Arbeitsausfall alleinige Folge des hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung der allgemeinen Pandemielage sei. Es verwirkliche sich gerade kein in einem bestimmten Betrieb liegendes Risiko (wie etwa beim Ausfall eines Zulieferers). Vielmehr gehe es um eine die Gesellschaft insgesamt betreffende Gefahrenlage. Daher liege kein vom Arbeitgeber zu tragendes Betriebsrisiko vor. Es sei vielmehr Sache des Staates für einen adäquaten Ausgleich der Betroffenen zu sorgen.

Wenngleich diese Entscheidung weitreichende Folgen für Betroffene hat, kommt sie nicht überraschend. Das dem Arbeitgeber zugewiesene Betriebsrisiko ist gerade nicht endlos, sondern erfordert einen spezifischen Grund, der im Betrieb des Unternehmens liegt.    

Fazit: Ein Urteil mit Folgen für viele Arbeitnehmer        

Die Folge für viele Arbeitnehmer: Der Arbeitgeber ist für die Zeiten des Lockdowns nicht verpflichtet, den Lohn fortzuzahlen. Wer kein Kurzarbeitergeld erhält, geht damit leer aus. Arbeitgeber, die das Gehalt bisher aus Kulanz haben, können dieses von ihren Mitarbeitern gegebenenfalls zurückfordern. Die Anforderungen hieran sind aber hoch.

Für Arbeitgeber empfiehlt es sich daher, vor einer Rückforderung einen Fachanwalt für Arbeitsrecht einzuschalten. Betroffene Arbeitnehmer sind ebenfalls gut beraten, einen Experten für Arbeitsrecht zu Rate zu ziehen, da gerade nicht in jedem Fall der Lohn versagt bleibt. Wir stehen Ihnen als Fachanwaltskanzlei für Arbeitsrecht jederzeit zur Verfügung.