Gesetzlicher Anspruch auf Erholungsurlaub
Das Recht eines Arbeitnehmers auf Erholungsurlaub ist in § 1 BUrlG festgelegt. Es ist unabdingbar und darf gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlGauch nicht durch tarifliche Vereinbarungen geändert werden. Nach § 3 Abs. 1 BUrlG beträgt der regelmäßige Anspruch auf Erholungsurlaub 24 Werktage im Kalenderjahr. Da Sonnabende keine Werktage sind (das ergibt sich aus § 3 Abs. 2 BUrlG), haben die meisten Arbeitnehmer, die 5 Tage in der Woche arbeiten, einen Mindesturlaubsanspruch von 20 Tagen. Dieser Anspruch entsteht nach § 4 BUrlG nach dem ersten halben Jahr, in dem das Beschäftigungsverhältnis bestand.
Kann dieser Anspruch gekürzt werden, wenn der Arbeitnehmer lange Zeit tatsächlich nicht gearbeitet hat? Für den Fall der Elternzeit gibt es eine klare gesetzliche Regelung. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) kann der Anspruch für jeden Monat, in dem der Arbeitnehmer die Elternzeit voll in Anspruch genommen hat, um ein Zwölftel gekürzt werden. Eine entsprechende Regelung für die Zeit des Wehrdienstes enthält § 4 Abs. 1 Satz 1 ArbPlSchG. Für die Pflegezeit sieht das Gesetz allerdings keine Kürzung des Urlaubsanspruchs vor (vgl. §§ 3 und 4 PflZG).
BAG ändert Rechtsprechung zum unbezahlten Sonderurlaub
Für den Fall eines zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbarten unbezahlten Sonderurlaubs gibt es keine expliziten gesetzlichen Regelungen. In einem Urteil aus dem Jahr 2014 (9 AZR 678/12) hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) festgestellt, dass unbezahlter Sonderurlaub dem Entstehen des gesetzlichen Urlaubsanspruchs nicht im Wege stehe. Auch sei der Arbeitgeber nicht berechtigt, entsprechende zeitliche Kürzungen vorzunehmen. Entscheidend für die Dauer des Anspruchs sei (neben der Erfüllung der Wartezeit nach § 4 BUrlG) nicht die Erfüllung der Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag, sondern der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses.
Diese Rechtsprechung hat das BAG jetzt ausdrücklich aufgegeben. In einer neuen Entscheidung (Urteil vom 19. März 2019, Az. 9 AZR 315/17) begründen die Erfurter Richter diese Änderung damit, dass die Parteien eines Arbeitsvertrags im Falle eines unbezahlten Sonderurlaubs die Hauptleistungspflichten vorübergehend aussetzen. Dadurch entfalle mangels einer Arbeitspflicht ein Anspruch auf Erholungsurlaub. Der Entscheidung lag die Klage einer Arbeitnehmerin zugrunde, die für das Jahr 2014, in dem sie durchgehend unbezahlten Erholungsurlaub in Anspruch genommen hatte, von ihrem Arbeitgeber den Mindesturlaub von 20 Werktagen gefordert hatte.
Fazit
Die neue Entscheidung aus Erfurt macht deutlich, dass auch bei der Bemessung des Anspruchs auf Erholungsurlaub viele Fragen von Spezialisten geklärt werden müssen und sich auch gefestigte Rechtsprechung jederzeit ändern kann. Was nicht im Gesetz geregelt ist, ergibt sich oft aus einschlägiger Rechtsprechung. Doch auch diese unterliegt einem ständigen Wandel. Grundsätze, die über Jahrzehnte von den Gerichten befolgt werden, können sich ändern. Wenn Sie als Arbeitnehmer Ihren Anspruch auf Urlaub durchsetzen oder als Arbeitgeber unberechtigte Ansprüche abwehren möchten, hilft Ihnen ein auf Arbeitsrecht spezialisierter Rechtsanwalt.