Wenn ein Arbeitgeber eine Betriebsänderung durchführen will, stehen dem Betriebsrat verschiedene Rechte zu. Der Betriebsrat hat das Recht

  • rechtzeitig und umfassend über die Betriebsänderung informiert zu werden,
  • die Betriebsänderung mit dem Arbeitgeber zu beraten,
  • mit dem Arbeitgeber über einen Interessenausgleich zu verhandeln und
  • vom Arbeitgeber einen Sozialplan zu verlangen.

Unterrichtung

Wenn ein Arbeitgeber eine Betriebsänderung durchführen will, muss er darüber zunächst den Betriebsrat unterrichten (§ 111 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz).

Gibt es im Unternehmen einen Wirtschaftsausschuss, hat der Arbeitgeber in der Regel – noch bevor seine Unterrichtungspflicht gegenüber dem Betriebsrat einsetzt – den Wirtschaftsausschuss zu unterrichten (§ 106 Abs. 2 BetrVG). Beide Gremien sind vom Arbeitgeber unabhängig voneinander über eine beabsichtigte Betriebsänderung zu informieren.

Die Unterrichtung des Betriebsrats über die geplante Betriebsänderung muss rechtzeitig erfolgen. Rechtzeitig informiert der Arbeitgeber den Betriebsrat, wenn dieser in die Lage versetzt wird, auf das Ob, das Wann und Wie der geplanten Betriebsänderung Einfluss zu nehmen. Deshalb muss die Information an den Betriebsrat erfolgen, bevor der Arbeitgeber eine endgültige Entscheidung getroffen oder den Plan auch nur teilweise verwirklicht hat (BAG Urteil vom 14.09.1976 – 1 AZR 784/75).

Ausreichend ist es, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat informiert, nachdem sich seine Vorüberlegungen zu einem konkreten Konzept verdichtet haben, ohne dass die Überlegungen über die Umsetzung der Maßnahme und ihre Details abgeschlossen sind (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.09.2004 – 4 TaBV 3/04). Das bedeutet im Ergebnis, dass der Plan noch nicht abschließend feststehen darf.

Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat umfassend über die Betriebsänderung unterrichten. Er muss den Betriebsrat im Detail über die einzelnen geplanten Maßnahmen und den zeitlichen Ablauf informieren, die Gründe für die Maßnahmen darlegen und die Auswirkungen auf die Arbeitnehmer darstellen. Der Arbeitgeber darf die Weitergabe von Informationen nicht mit der Begründung verweigern, es handele sich um Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse.

Eine bestimmte Form der Unterrichtung ist nicht vorgeschrieben. Insbesondere muss diese nicht schriftlich, sondern kann auch mündlich erfolgen. Im Rahmen der Unterrichtung muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat aber vorhandene Unterlagen vorlegen. Vorzulegende Unterlagen können z.B. sein:

  • Gutachten
  • Wirtschaftsprüferberichte
  • Bilanzen
  • Organigramme

Beratung

Nach § 111 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber geplante Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Gegenstand der Beratungen ist die Frage, ob und wie eine beabsichtigte Betriebsänderung durchgeführt wird und wie durch die Betriebsänderung entstehende finanzielle Nachteile der Arbeitnehmer ausgeglichen oder abgemildert werden können. Ziel der Beratungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat ist der Abschluss eines Interessenausgleichs und eines Sozialplans.

Auch die Beratungen mit dem Betriebsrat müssen rechtzeitig erfolgen, das heißt so frühzeitig, dass der Betriebsrat im Rahmen der Beratungen auf das Ob und Wie der Betriebsänderung noch Einfluss nehmen kann.

Kommen Arbeitgeber und Betriebsrat bei ihren Beratungen nicht zu einer einvernehmlichen Regelung, haben beide Seiten die Möglichkeit, die Einigungsstelle anzurufen. Dann wird über die vom Arbeitgeber beabsichtigte Betriebsänderung vor der Einigungsstelle weiterverhandelt.

Interessenausgleich

Bei jeder Betriebsänderung hat der Betriebsrat das Recht, mit dem Arbeitgeber über einen Interessenausgleich zu verhandeln. Ein Interessenausgleich ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die Fragen, ob, wann und wie eine vom Arbeitgeber geplante Betriebsänderung durchgeführt wird.

Das Ergebnis sollte ein Kompromiss sein, der einen für beide Seiten tragbaren Ausgleich der Interessengegensätze darstellt. Allerdings haben die Arbeitnehmer auf einen solchen keinen rechtlichen Anspruch.

Der Arbeitgeber ist nur dazu verpflichtet, mit dem Betriebsrat mit dem “ernsten Willen zur Einigung” über einen Interessenausgleich zu verhandeln. Der Abschluss eines Interessenausgleichs ist für den Arbeitgeber letztlich immer freiwillig. Der Betriebsrat kann den Arbeitgeber nicht zu einem Interessenausgleich zwingen.

Sozialplan

Der Sozialplan hingegen enthält konkrete Vereinbarungen für einen Ausgleich bzw. eine Milderung der Nachteile, die den Betroffenen durch eine Betriebsänderung entstehen. Er kann beispielsweise Ausgleichszahlungen bei Einführung von Kurzarbeit oder Versetzungen bzw. Abfindungen im Fall von Entlassungen beinhalten. Unternehmen und Betriebsrat können grundsätzlich frei darüber entscheiden, was sie im Sozialplan vereinbaren. In der Praxis orientiert sich der Sozialplan im Wesentlichen an den Vereinbarungen im Interessenausgleich. Kommt dieser nicht zustande, so ist der Sozialplan im Gegensatz zum Interessenausgleich nach § 112 BetrVG erzwingbar. § 112a BetrVG regelt die Erzwingbarkeit von Sozialplänen bei bestimmten Fällen von Personalabbau und Unternehmensneugründungen.

Was gilt, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat bei einer Betriebsänderung nicht ordnungsgemäß beteiligt?

Wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß über die Betriebsänderung informiert, hat der Betriebsrat die Möglichkeit,

  • seinen Informationsanspruch
  • und seinen Beratungsanspruch mit Hilfe des Arbeitsgerichts durchzusetzen.

Der Arbeitgeber darf mit der Umsetzung einer Betriebsänderung erst beginnen, wenn er den Betriebsrat umfassend informiert und mit dem Betriebsrat entweder einen Interessenausgleich abgeschlossen hat oder die mit dem ernsthaften Willen zur Einigung geführten Verhandlungen über einen Interessenausgleich endgültig gescheitert sind. Endgültig gescheitert sind die Verhandlungen über den Interessenausgleich erst dann, wenn es auch in den Verhandlungen vor der Einigungsstelle nicht zum Abschluss eines Interessenausgleichs gekommen ist.

Falls der Arbeitgeber schon mit der Umsetzung der Betriebsänderung beginnt, bevor er den Betriebsrat ausreichend informiert hat oder bevor die Verhandlungen über einen Interessenausgleich endgültig gescheitert sind, kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung gegen den Arbeitgeber beantragen. Mit einem solchen Antrag kann der Betriebsrat versuchen, dem Arbeitgeber in einem Eilverfahren gerichtlich aufgeben zu lassen, mit der Umsetzung der Betriebsänderung solange nicht anzufangen, bis der Betriebsrat vollständig unterrichtet und die Verhandlungen über den Interessenausgleich abgeschlossen bzw. endgültig gescheitert sind.

Falls es dem Betriebsrat nicht gelingt, den Arbeitgeber zum Abschluss eines Sozialplans zu bewegen, kann der Betriebsrat den Sozialplan über ein Einigungsstellenverfahren erzwingen.

Rechte der Arbeitnehmer

Wenn der Arbeitgeber eine Betriebsänderung durchführt, ohne mit dem Betriebsrat in ausreichendem Maße über einen Interessenausgleich verhandelt zu haben, kann dies auch rechtliche Folgen im Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und den einzelnen Arbeitnehmern haben. Die von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer können in einem solchen Fall einen Anspruch auf Nachteilsausgleich gegen den Arbeitgeber geltend machen (§ 113 BetrVG). Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmern dann eine Abfindung zahlen, wenn sie infolge der Betriebsänderung entlassen worden sind. Falls die Arbeitnehmer nicht entlassen worden sind, durch die Betriebsänderung aber sonstige wirtschaftliche Nachteile erleiden, muss der Arbeitgeber ihnen diese Nachteile für einen gewissen Zeitraum ausgleichen.

Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitgeber ohne zwingenden Grund von einem mit dem Betriebsrat vereinbarten Interessenausgleich abweicht.

Ordnungswidrigkeit

Der Unternehmer handelt ordnungswidrig, wenn er seine Aufklärungs- und Auskunftspflicht nicht, wahrheitswidrig, unvollständig oder verspätet erfüllt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 10.000 € geahndet werden, vgl. § 121 BetrVG.

Kann der Betriebsrat einen Berater, d.h. Fachanwalt für Arbeitsrecht, hinzuziehen?

In Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat zur Unterstützung bei der Wahrnehmung seiner Beteiligungsrechte im Rahmen einer geplanten Betriebsänderung einen Berater hinzuziehen (§ 111 S. 2 BetrVG). Die Beauftragung des Beraters durch den Betriebsrat erfolgt abweichend von dem zeitaufwändigeren Verfahren für die Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 80 Abs. 3 BetrVG) auf der Grundlage eines ordnungsgemäßen Beschlusses des Betriebsrats ohne vorherige Vereinbarung mit dem Arbeitgeber.

In Unternehmen mit weniger als 300 Arbeitnehmern erfolgt die Hinzuziehung eines Fachanwaltes für Arbeitsrecht auf der Grundlage von § 80 Abs. 3 BetrVG.

Als Fachanwälte für Arbeitsrecht beraten und vertreten wir seit vielen Jahren Betriebsräte und Arbeitgeber bei Betriebsänderungen. Insbesondere unterstützen wir bei der Planung und Durchführung von Outplacement-Maßnahmen und bei der Massenentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit. Zudem bieten wir Seminare zur Thematik Betriebsänderung, Interessenausgleich und Sozialplan an.

Wir haben daher sehr viel Erfahrung in der Beratung von Betriebsräten und Arbeitgebern. Wenn Sie Fragen zum Thema Betriebsänderung haben, kontaktieren Sie uns gerne.

Lesen Sie zu diesem Thema auch Teil 1 unserer Serie, in dem wir erklären, wann überhaupt eine Betriebsänderung vorliegt.