Das AGG verbietet Benachteiligungen allein aufgrund der ethnischen Herkunft eines Menschen. Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung hat sich seit Einführung des Gesetzes wiederholt mit Grenzfällen beschäftigt, in denen Ungleichbehandlungen u.a. auch mit mangelnden Sprachkenntnissen begründet wurden. Wo liegt die Grenze der zulässigen Anforderung „guter Deutschkenntnisse“ und der Benachteiligung aufgrund der Herkunft?

Welche Merkmale begründen eine Diskriminierung?

Benachteiligungen im Sinne des AGG sind nur dann verboten, wenn die Diskriminierung auf ganz bestimmten persönlichen Merkmalen beruht. Diese Merkmale sind in § 1 AGG abschließend aufgezählt: Rasse, ethnische Herkunft , Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung , Alter, sexuelle Identität. Die Rechtsfolgen des AGG sind an diese Merkmale geknüpft. Das heißt: Findet eine Diskriminierung aus einem anderen Grund statt, hat der Arbeitnehmer weder ein Beschwerderecht (§ 12 AGG) noch einen Schadensersatzanspruch (§ 15 Abs. 1 AGG) oder einen Entschädigungsanspruch (§ 15 Abs. 2 AGG). Die Sprache ist in § 1 AGG nicht aufgeführt.

Gerade für das Merkmal der ethnischen Herkunft ist die Abgrenzung zu den sprachlichen Fähigkeiten des Betroffenen oft schwierig. Der Begriff der Ethnie ist in erster Linie kulturell geprägt, und hierzu gehört unter anderem auch die Sprache. Aber wann hat zum Beispiel die Ablehnung wegen mangelnder Deutschkenntnisse in Wahrheit einen diskriminierenden Hintergrund aufgrund eines Vorurteils? In der Rechtsprechung gibt es hierzu bereits verschiedene Urteile, die allerdings nicht immer konsistent sind.

Beweislast für Diskriminierung

Dreh- und Angelpunkt vieler Prozesse ist die in § 22 AGG geregelte Beweislast. Trägt eine Partei tragfähige Indizien für eine Benachteiligung vor, reicht dies schon für eine Beweislastumkehr: Dann muss der Arbeitgeber beweisen, dass keine Diskriminierung vorliegt. Hier kommt es in der Praxis entscheidend auf Feinheiten in der Formulierung an:

  • Wird in einer Stellenanzeige beispielsweise eine „hohe Kommunikationsfähigkeit in deutscher Sprache“ gefordert, löst dies die Beweislastumkehr nicht aus (LAG Hessen, Urteil vom 12. Juni 2015, 14 Sa 1075/14). Die Anforderung an den Arbeitnehmer ist klar leistungsbezogen.
  • Anders ist es jedoch, wenn „Deutsch als Muttersprache“ gefordert wird (LAG Hessen, Urteil vom 15. Juni 2015, 16 Sa 1619/14). Dies sei eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung.
  • Das Arbeitsgericht Hamburg (Urteil vom 26. Januar 2010, 25 Ca 282/09) sah eine Diskriminierung bereits dann als gegeben an, wenn sich in einem Telefonat aufgrund der Bewerbung herausstellt, dass ein Bewerber mit afrikanischen Wurzeln nicht die erforderlichen Sprachkenntnisse hat. Das gelte auch dann, wenn ein telefonischer Erstkontakt typischerweise zum üblichen Bewerbungsverfahren gehört.

Die Urteile gründen sich auf der Auffassung, dass die Muttersprache „typischerweise mittelbar mit der Herkunft […] verknüpft“ sei. So sieht es auch das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 15. Dezember 2016, 6 AZR 418/15). Es macht also zum Beispiel in einer Stellenanzeige einen erheblichen Unterschied, ob in einer Stellenanzeige Deutsch als „Muttersprache“ oder zum Beispiel „perfekte“ oder „verhandlungssichere“ Kenntnisse vorausgesetzt werden. Und das gilt auch dann, wenn bei verschiedenen Formulierungen die Absicht, die dahinter steht, nicht diskriminierend ist. Auf jeden Fall obliegt dem Arbeitgeber dann die (oft schwierige) Aufgabe, das Gegenteil zu beweisen.

Fazit

Es ist gerade für Arbeitgeber nicht leicht, sich vor dem Vorwurf der Diskriminierung zu schützen, wenn es um die Besetzung von Stellen geht, die in der Tat gute Deutschkenntnisse voraussetzen. Nicht nur die Formulierung in Stellenanzeigen ist riskant. Die gesamte Kommunikation im Bewerbungsverfahren sollte sorgsam überwacht werden. Es ist deshalb wichtig, bereits im Bewerbungsverfahren einen arbeitsrechtlich spezialisierten Rechtsanwalt zurate zu ziehen – um von Anfang an kostspielige rechtliche Verfahren zu vermeiden.