Wenn Sie als Arbeitgeber aufgrund der weltweiten Krankheitsfälle

  • ihre Arbeitnehmer nicht mehr vollumfänglich beschäftigen können oder
  • staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass der Betrieb vorrübergehend geschlossen werden muss ,

können Sie – um Kündigungen zu vermeiden - Kurzarbeit bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen. Dabei müssen die materiellen Voraussetzungen für Kurzarbeit vorliegen und es gilt in formeller Hinsicht, bestimmte Verfahrensschritte einzuhalten.            

Kurzarbeit: Voraussetzungen        

Die Voraussetzungen sind in § 95 SGB III geregelt.

Somit muss

  • ein erheblicher und temporärer Arbeitsausfall
  • aus wirtschaftlichen Gründen (fehlende Aufträge) oder
  • einem unabwendbaren Ereignis (z.B. höhere Naturgewalt , z.B. Corona-Krise) beruhen.

Zuletzt muss mindestens eine Person sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein. Möglich ist es, auch nur für eine Abteilung Kurzarbeitergeld zu beantragen, wobei Kurzarbeitergeld nur für jene Arbeitnehmer gezahlt wird, die in keinem gekündigten Arbeitsverhältnis stehen.

Bevor bei einem Arbeitnehmer Kurzarbeit angeordnet werden kann, müssen bei diesem Mitarbeiter erst alle Überstunden abgebaut und sämtlicher Urlaubsanspruch aus den Vorjahren abgebaut worden sein.

Aufgrund der aktuellen Lage hat die Bundesregierung folgende Neuerungen geschaffen,

die den Zugang zum Kurzarbeitergeld verbessern sollen:

Die wichtigsten materiellen Neuregelungen für Kurzarbeit sind:

  • Die Mindestanforderungen an den erheblichen Arbeits- und Entgeltausfall im Sinne des § 95 SGB III werden verringert. Es genügt, dass 10 Prozent der Beschäftigten wegen des Arbeitsausfalls vom Entgeltausfall betroffen sind; bislang waren es 30 Prozent der Belegschaft.
  • Kurzarbeitergeld greift nun auch für Leiharbeitnehmer.
  • Auch Betriebe mit flexiblen Arbeitszeitmodellen müssen künftig keine Minusstunden mehr aufbauen.
  • Durch die staatliche Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen für Arbeitgeber soll außerdem ein Anreiz geschaffen werden, Zeiten der Kurzarbeit stärker für die Weiterbildung der Beschäftigten zu nutzen.

Diese Änderungen gelten rückwirkend seit 01.03.2020 und sind zunächst befristet bis zum 31. Dezember 2021.

(Die materiellen Voraussetzungen für Kurzarbeit werden sich voraussichtlich Anfang April dieses Jahres teilweise ändern - „Arbeit-von-Morgen-Gesetzes“- wir halten Sie auf dem Laufenden.)    

Kurzarbeit beantragen        

Um die  Kurzarbeit zu beantragen müssen Sie die folgenden Verfahrensschritte einhalten:

1. Schritt: Mitteilung und Vereinbarung mit den Arbeitnehmern

Zuallererst müssen Sie die Entscheidung zur Kurzarbeit den Arbeitnehmern ankündigen. Die Möglichkeit für Kurzarbeit besteht nur wenn:

  • der geltende Tarifvertrag diese Möglichkeit vorsieht oder
  • der Arbeitsvertrag mit den Arbeitnehmern diese Möglichkeit vorsieht und
  • der Betriebsrat der Kurzarbeit zustimmt oder
  • die Arbeitnehmer mit der Kurzarbeit einverstanden sind.

Achtung: Falls der Tarifvertrag entsprechende Regelungen zur Kurzarbeit enthält, müssen Sie auf etwaig vereinbarte Ankündigungsfristen achten.

Soweit gesetzliche oder tarifvertragliche Regelungen nicht bestehen oder der Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist, ist die vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit mitbestimmungspflichtig (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG). Somit muss der Betriebsrat zustimmen. Eine Kopie der Zustimmung soll mit der Anzeige auf Kurzarbeit (Schritt 2) bei der Arbeitsagentur eingereicht werden, kann aber nachgereicht werden.

Ist kein Betriebsrat vorhanden und gibt es auch keine arbeitsvertragliche Vereinbarung zur Kurzarbeit, benötigen Sie grundsätzlich das Einverständnis aller Arbeitnehmer über die Einführung und Ausgestaltung der Kurzarbeit.

Verweigert ein Arbeitnehmer das Einverständnis, greift nur für ihn die Kurzarbeit nicht. Der Arbeitgeber darf ihm deshalb auch nicht kündigen. Sie können die Kurzarbeit also nicht einseitig aufgrund Ihres Weisungsrechtes anordnen, sodass eine schriftliche und unterschriebene einzelvertragliche Vereinbarungnotwendig ist. Ein entsprechendes Vertragsmuster für eine individuelle Vereinbarung haben wir für Sie bereitgestellt. Diese Vereinbarung muss für jeden Mitarbeiter als Kopie mit der Anzeige auf Kurzarbeit (Schritt 2) bei der Agentur für Arbeit eingereicht werden. Jeder Arbeitnehmer bekommt zudem ein unterschriebenes Exemplar für seine Unterlagen ausgehändigt.

Auch in Ausnahmezeiten von Corona ändert sich an dem Einwilligungserfordernis der Mitarbeiter nichts, sodass auch solche Mitarbeiter, die aufgrund von Home Office oder Quarantäne nicht mehr im Betrieb sind, den Vertrag im Original unterzeichnen müssen. Nach Aussage der Bundesagentur für Arbeit sind Sie als Arbeitgeber für den Nachweis der Einwilligungen beweispflichtig, da diese zwingende Voraussetzung für einen positiven Antragsbescheid sind. Sie müssen die Einwilligungen daher rechtzeitig vor Antragsstellung beschaffen und können nicht auf die Kulanz der jeweilig örtlich zuständigen Agentur setzten.

Reagiert der Arbeitnehmer nicht und fehlt deshalb sein Einverständnis, kann ausnahmsweise eine konkludente Vertragsänderung durch widerspruchslose Hinnahme einer arbeitgeberseitig angeordneten und von der Agentur für Arbeit genehmigten Kurzarbeit vorliegen.

Wenn einzelne Arbeitnehmer mit der Einführung der Kurzarbeit nicht einverstanden sind, und der Arbeitgeber unbedingt eine Reduzierung der Arbeitszeit erreichen will, so bleibt ihm nur der Weg über die Änderungskündigung. Hierbei müssen die Kündigungsfristen für Beendigungskündigungen eingehalten werden; die Reduzierung der Arbeitszeit und des Entgelts können in diesem Fall frühestens zu deren Ablauf in Kraft treten und werden nur wirksam, wenn die Änderungskündigung auf dringenden betrieblichen Bedürfnissen beruht und sonstige Voraussetzungen eingehalten werden oder der Arbeitnehmer die Änderungskündigung nicht binnen 3 Wochen gerichtlich angreift.

2. Schritt: Anzeige bei der Bundesagentur für Arbeit:

Betroffene Betriebe müssen die Kurzarbeit vor Eingang des Leistungsantrages (Schritt 4) bei der zuständigen Agentur für Arbeit anzeigen.

Der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit ist online oder über einen Vordruck der Arbeitsagenturen möglich. Den Vordruck zu „Anzeige über Arbeitsausfall“ finden Sie unter dem Link:

https://www.arbeitsagentur.de/datei/anzeige-kug101_ba013134.pdf

Den Antrag kann nach § 99 SGB III auch per

  • Fax
  • eingescannt sowie unterschrieben per E-Mail  
  • elektronisch über eServices

gestellt werden.

Eine mündliche oder telefonische Anzeige erfüllt die gesetzlich vorgeschriebene Form nicht.

Mit der Anzeige ist glaubhaft zu machen, dass ein erheblicher Arbeitsausfall besteht und die betrieblichen Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld erfüllt sind (§ 99 Abs. 1 i. V. m. 95 S. 1 SGB III). Die Agentur für Arbeit erteilt unverzüglich einen schriftlichen Bescheid über das Ergebnis der Prüfung (§ 99 Abs. 3 SGB III). Unterbleibt die Anzeige des Arbeitgebers, so hat der einzelne Arbeitnehmer unter Umständen Schadensersatzansprüche, sofern er bei Erstattung der Anzeige Kurzarbeitergeld erhalten würde.

Örtlich zuständig für die Anzeige ist jeweils die Agentur für Arbeit, in dessen Bezirk die Lohnabrechnungsstelle liegt.

3. Schritt: Auszahlung an  die Arbeitnehmer

Als Arbeitgeber gehen Sie in Vorleistung und übernehmen die Auszahlung des Lohns für bereits tatsächlich geleistete Arbeitsstunden sowie die Auszahlung des Kurzarbeitergeldes. Das Kurzarbeitergeld wird Ihnen nach Stellung des Leistungsantrages (Schritt 4) kompensiert. Bezugsgröße für das Kurzarbeitergeld ist der Nettoentgeltausfall. Der Arbeitnehmer erhält grundsätzlich 60 % des entfallenden Nettoentgelts. Ausnahmsweise erhöht sich das Kurzarbeitergeld auf 67 %, wenn der Arbeitnehmer in einem Haushalt mit mindestens einem Kind lebt. Als Arbeitgeber müssen Sie die Höhe des Kurzarbeitergeldes vor der Auszahlung berechnen. Jedoch sind wie auch beim Arbeitslosengeld gewisse Obergrenzen zu beachten.

Dazu stellt die Bundesagentur für Arbeit jeweils eine Tabelle zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes für Normal- und Geringverdiener zur Verfügung. Diese finden Sie unter:

https://www.arbeitsagentur.de/datei/kug050-2016_ba014803.pdf

https://www.arbeitsagentur.de/datei/kug51-tabelle-2016_ba015003.pdf

Der Arbeitnehmer erhält bei Gewährung von Kurzarbeit somit nicht seinen bisherigen vertraglichen Arbeitslohn in voller Höhe. In einigen Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen ist jedoch festgelegt, dass der Arbeitgeber diese Differenz durch Zahlung eines Zuschusses ausgleichen muss. Achten Sie als Arbeitgeber auf eine etwaige Vereinbarung. Der Arbeitgeber kann aber auch freiwillig das Kurzarbeitergeld aufstocken. Für Arbeitnehmer gilt es, die Steuerpflichtigkeit des Zuschusses zu beachten.

4. Schritt: Fristgerechter Leistungsantrag mit Abrechnungsliste

Den Leistungsantrag auf Kurzarbeitergeld müssen Sie innerhalb von drei Monaten bei der zuständigen Agentur für Arbeit eingereicht werden. Zuständig ist wiederum die Agentur, in deren Bezirk die für den Arbeitgeber zuständige Lohnabrechnungsstelle liegt. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Tage liegen, für die Kurzarbeitergeld beantragt wird. Den Antrag finden Sie online auf der Homepage der Bundesagentur für Arbeit unter:

https://www.arbeitsagentur.de/datei/antrag-kug107_ba015344.pdf

Als Anlage zum Antrag müssen Sie eine Abrechnungsliste mit den Entgeltzahlen für jeden Arbeitnehmer einreichen, für den Kurzarbeitergeld erstattet werden soll. Die genauen Formalien entnehmen Sie am besten dem Bescheid der Agentur für Arbeit, den Sie nach Prüfung der Anzeige (Schritt 2) erhalten.

5. Schritt: Rückkehr zur Vollarbeit

Die Kurzarbeit ist grundsätzlich begrenzt auf 12 Monate. Sollte sich kurzfristig die Auftragslage bei Ihnen verbessern, entfällt der Grund für die Gewährung von Kurzarbeit, sodass Sie die Kurzarbeit dann unterbrechen müssen. In diesem Fall kann die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld um die Monate verlängert werden, die ausgesetzt wurden. Wird die Kurzarbeit für drei aufeinanderfolgende Monate unterbrochen, muss das Kurzarbeitergeld allerdings neu angemeldet werden.

Nach Verbesserung der Auftragslage und endgültigem Wegfall der Voraussetzungen findet eine Abschlussprüfung der Bundesagentur für Arbeit statt, die sämtliche Auszahlungen überprüft.

6. Kosten für den Arbeitgeber

Die Arbeitsagentur zahlt Kurzarbeitergeld nur für ausgefallene Arbeitsstunden. Bisher mussten Sie als Arbeitgeber die Kosten für die Kurzarbeit - in Form von 80 % der Sozialversicherungsbeiträge für das ausgefallene Bruttoentgelt - mittragen. Nach dem Inkrafttreten des Gesetzesentwurfes des Bundeskabinettes übernimmt der Staat rückwirkend zum 01.03.2020 die Sozialversicherungsbeiträge, die für die Ausfallstunden anfallen. Falls Sie sich als Arbeitgeber vertraglich zur Übernahme des Ausgleichbetrages verpflichtet haben, bekommen Sie diese jedoch nicht erstattet.

7. Muster Vereinbarung

Eine Beispiel für eine Vereinbarung finden Sie hier.