§ 1 AGG: Verbot der Diskriminierungen

Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes ist eindeutig. Zudem soll der Staat – auch durch die Gesetzgebung – auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinwirken. Und so verbietet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) bereits in seinem ersten Paragrafen Diskriminierungen insbesondere beim Zugang zur Erwerbstätigkeit. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz macht § 8 Abs. 1 AGG. Wenn die Tätigkeit selbst oder die Bedingungen ihrer Ausführung eine besondere Anforderung an eine Eigenschaft im Sinne von § 1 AGG stellt (Alter, Geschlecht, Behinderungen usw.), können Einschränkungen gerechtfertigt sein, die sonst eine Benachteiligung darstellen würden. Auf der Hand liegt der Grund für solche Einschränkungen beispielsweise

  • bei weiblichen oder männlichen Schauspielern,
  • bei Models für geschlechterspezifische Mode
  • oder bei Stellen für professionelle Sportler in Männer- oder Frauenteams.

Streitfälle im Zusammenhang mit dem DiskriminierungsverbotNeben diesen eindeutigen Konstellationen, die eine Beschränkung auf weibliche oder männliche Bewerber rechtfertigen können, gibt es natürlich auch Grenzfälle. Hierzu einige Beispiele aus der Rechtsprechung:

  • Wenn im einem Mädchen-Internat Erzieher auch nachts Aufsicht führen müssen, darf in einer Stellenausschreibung gezielt nach weiblichen Lehrkräften gesucht werden. Männliche Bewerber dürfen aufgrund ihres Geschlechts deshalb abgelehnt werden (BAG, Urteil vom 28. Mai 2009, 8 AZR 536/08).
  • Auch die Stellenausschreibung der Gleichstellungsbeauftragten für eine Gemeinde darf männliche Bewerber ausschließen (BAG, Urteil vom 18. März 2010, 8 AZR 77/09). Weil es die Aufgabe einer Gleichstellungsbeauftragten sei, insbesondere Frauen in problematischen Lebenssituationen zu beraten, sei das weibliche Geschlecht eine wesentliche berufliche Anforderung im Sinne von § 8 Abs. 1 AGG. (siehe hierzu unseren Blogbeitrag "LAG-Urteil: Mann darf nicht Gleichstellungsbeauftragter werden")
  • Sogar die Beschränkung der Stelle eines Autoverkäufers auf weibliche Bewerber kann rechtens sein, wenn ein Unternehmen dadurch Frauen als Kunden ausdrücklich die Schwellenangst vor einer von Männern geprägten Branche nehmen möchte. Dies hat das LAG Köln bei einem Autohaus angenommen, das bisher nur männliche Verkaufsberater beschäftigte (Urteil vom 18. Mai 2017, 7 Sa 913/16).

Unterschiedliche Behandlung bei Sportlehrkräften zulässigDas LAG Nürnberg hat jetzt auch für den Sportunterricht an Schulen besondere berufliche Anforderungen angenommen, die eine Ausnahme von § 1 AGG rechtfertigen. So sei gerade der Sportunterricht von einer „besonderen Körperlichkeit“ geprägt. Weil es im Rahmen des Unterrichts häufig zu körperlichen Berührungen zwischen Schülern und Lehrkräften komme, zum Beispiel bei Hilfestellungen, sei eine Beschränkung der Stellenausschreibung auf weibliche Lehrkräfte für weibliche Schüler zulässig.Der klagende Lehrer hat gegen dieses Urteil des LAG Nürnberg vom 17. Mai 2019 (7 Sa 95/18) Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt. Diese Entscheidung steht noch aus (Aktenzeichen dort: 8 AZR 2/19). FazitEs ist klar, dass es beim Diskriminierungsverbot immer wieder Grenzbereiche geben wird, in denen sowohl die eine wie die andere Entscheidung gut begründet werden kann. Der vom LAG Nürnberg entschiedene Fall gehört wohl dazu, denn die Argumentation des Gerichts stellt letztlich auch den Grundsatz der Koedukation infrage. Und durch die Änderung des Personenstandsgesetzes (Einführung eines dritten Geschlechts in § 22 Abs. 3 PStG) werden die Anforderungen für die Arbeitgeber an die Auswahl von Bewerbern auf Stellenausschreibungen nicht leichter werden. Arbeitgeber sollten sich deshalb schon bei der Formulierung einer Stellenanzeige von Arbeitsrechts-Experten beraten lassen.