Begriff der Betriebsschließung
Unter einer Betriebsschließung, auch Betriebsstilllegung genannt, wird die dauerhafte Aufgabe einer selbstständigen Organisationseinheit innerhalb eines Unternehmens verstanden.
Als verdeutlichendes Beispiel kann hier das Produktionsunternehmen X angeführt werden, welches in der Stadt Y und Stadt Z jeweils einen Betrieb mit voneinander unabhängigen Arbeitnehmern hat, der selbstständige Aufgabenbereiche betreut. Stellt sich zum Beispiel der Betrieb in der Stadt Z zu einem gewissen Zeitpunkt als unrentabel heraus und wird dieser Betrieb sodann dauerhaft geschlossen, so liegt darin eine Betriebsschließung.
Kann ein Gericht die Entscheidung zur Betriebsschließung überprüfen?
Kommt es infolge einer Betriebsschließung zum Ausspruch von Kündigungen, besteht für die gekündigten Arbeitnehmer grundsätzlich die Möglichkeit, die Wirksamkeit der Kündigung vor dem zuständigen Arbeitsgericht durch Erhebung einer sogenannten Kündigungsschutzklage gerichtlich überprüfen zu lassen. Für Arbeitgeber stellt sich insofern die Frage, ob und in welchem Umfang das Gericht die unternehmerische Entscheidung, den Betrieb zu schließen, überprüfen und bewerten darf.
Vorweg kann festgehalten werden, dass die unternehmerische Entscheidung zur Betriebsaufgabe als solche nicht in ihrer Zweckmäßigkeit vom Gericht überprüft werden kann. Das bedeutet, dass das Gericht nicht beurteilen darf, ob sich der geschlossene Betrieb tatsächlich finanziell nicht mehr gelohnt hat. Auch die Überprüfung sonstiger Gründe, die zur Betriebsschließung führen, ist nahezu ausgeschlossen, selbst wenn viele Arbeitnehmer dadurch ihre Arbeitsstelle verlieren. Dies folgt daraus, dass die Berufsfreiheit des Arbeitgebers grundrechtlich in Art. 12 Abs. 1 GG (Grundgesetz) geschützt ist. Hierzu zählt nicht nur die freie Berufswahl, sondern auch die Berufsausübung in ihrer Art und Weise sowie deren Umfang.
Die einzige Möglichkeit, die unternehmerische Entscheidung als solche erfolgreich anzugreifen, besteht wenn geltend gemacht werden kann, dass die Betriebsschließung willkürlich oder offenbar unvernünftig ist. Dies wird aus praktischer Sicht in den seltensten Fällen gelingen.
Mitwirkung des Betriebsrats bei der Betriebsschließung
Wurde im Unternehmen des Arbeitgebers ein Betriebsrat gebildet, so ist dieser im Entscheidungsprozess der Geschäftsaufgabe an zwei Stellen einzubinden:
Bei der Entscheidungsfindung, „ob“ die Betriebsschließung durchgeführt wird, besteht mit dem Betriebsrat eine Verhandlungspflicht. Das bedeutet, dass im Rahmen eines Interessenausgleichs versucht werden soll, sich mit dem Betriebsrat über die Betriebsschließung zu einigen. Dagegen ist nicht notwendig, dass sich Arbeitgeber und Betriebsrat über die Betriebsschließung tatsächlich einig sind – eine Diskussion und Verhandlung hierüber ist ausreichend.
Weiter besteht mit dem Betriebsrat eine Verhandlungspflicht über den sogenannten Sozialplan. Dieser beinhaltet gem. § 112 Abs. 1 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) eine schriftliche Einigung des Arbeitgebers mit dem Betriebsrat über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsschließung und folglich des Verlustes des Arbeitsplatzes drohen. Anders als beim Interessenausgleich ist die Verhandlung über den Sozialplan zwingend erforderlich und notfalls durch die Einschaltung einer Einigungsstelle herbeizuführen. Für den Sozialplan wird dann auch mit dem Betriebsrat über die Höhe der zu zahlenden Abfindungen für die gekündigten Arbeitnehmer verhandelt.
Anforderungen an eine Kündigung wegen Betriebsschließung
Die betriebsbedingte Kündigung ist gesetzlich in § 1 Abs. 2 KSchG geregelt und bedingt, dass dringende betriebliche Erfordernisse für die Kündigung vorliegen. Die Geschäftsaufgabe als solches stellt unweigerlich ein solches dringendes betriebliches Erfordernis dar.
Arbeitgeber müssen jedoch bedenken, dass sie den Arbeitnehmern unter Umständen andere vergleichbare Arbeitsplätze anbieten müssen, wenn lediglich einer von mehreren Betrieben geschlossen wird. Das folgt aus § 1 Abs. 2 KSchG, in dem es heißt, dass die Kündigung nur wirksam ist, wenn der betroffene Arbeitnehmer auch an einem anderen Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb des Unternehmens nicht weiterbeschäftigt werden kann.
Zudem sind etliche formale Vorgaben zu beachten. Besteht ein Betriebsrat, so ist dieser gemäß § 102 BetrVG für jede Kündigung einzeln anzuhören und kann dazu Stellung nehmen. Außerdem muss der Arbeitgeber in Betrieben mit mehr als 20 Arbeitnehmer eine Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 KSchG bei der Agentur für Arbeit machen, welche ihrerseits wiederum bestimmte Formalien erfüllen muss.
Pflicht zur Zahlung einer Abfindung
Wird einem Arbeitnehmer infolge der Betriebsschließung betriebsbedingt gekündigt, so steht diesem nicht automatisch ein Anspruch auf Abfindungszahlung zu. Eine Abfindungszahlung wird aber meist im Rahmen der Sozialplanverhandlungen mit dem Betriebsrat festgelegt. Die Höhe der Abfindung bemisst sich dabei in der Regel nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers. Darüber hinaus haben Arbeitnehmer auch unabhängig vom Vorliegen eines Sozialplans Chancen auf eine Abfindung, wenn der Arbeitgeber bei der Betriebsschließung und den darauffolgenden betriebsbedingten Kündigungen rechtliche Vorgaben übersehen hat, die im Zweifelsfall zur Unwirksamkeit der Kündigung führen würden.
Beratung durch Fachanwälte für Arbeitsrecht
Die Anforderungen an Arbeitgeber zum Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung sind hoch. Dabei beraten wir Sie gerne mit unserer langjährigen Erfahrung als Rechtsanwälte und Fachanwälte für Arbeitsrecht.
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