In sehr vielen Arbeitsverträgen finden sich pauschale Ausschlussfristen. Diese lauten dann beispielsweise: "Alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit gegenüber dem Vertragspartner schriftlich geltend gemacht und im Falle der Ablehnung durch den Vertragspartner innerhalb von weiteren drei Monaten eingeklagt werden."

Sinn dieser Ausschlussfristen – auch Abgeltungsklauseln genannt – ist es, die gesetzlichen Verjährungsfristen von meist drei Jahren abzukürzen. Wenn beispielsweise ein Arbeitnehmer der Ansicht ist, zu Unrecht kein Weihnachtsgeld erhalten zu haben, so muss er im Falle der Wirksamkeit der vorgenannten Ausschlussfrist dies von seinem Arbeitgeber schriftlich verlangen und zwar spätestens drei Monate, nachdem üblicherweise das Weihnachtsgeld ausbezahlt wird, also drei Monate nach Fälligkeit. Macht er das nicht, so kann er einen ansonsten berechtigten Anspruch nicht mehr geltend machen – der Anspruch verfällt.

Überprüfung nach der „AGB-Kontrolle“

Nach herrschender Meinung stellen sowohl Arbeitsverträge als auch Geschäftsführeranstellungsverträge sogenannte „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ kurz „AGB“ dar. AGBs unterliegen einer gesetzlichen Kontrolle, das heißt bestimmte Vertragsklauseln können unwirksam sein, weil sie beispielsweise den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen, intransparent sind oder gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen.

Nun gibt es eine Reihe von Ansprüchen, deren Geltendmachung man nicht mit einer vertraglichen Ausschlussfrist einschränken kann. Dies gilt beispielsweise für Ansprüche aus der schuldhaften Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit sowie für die Haftung für vorsätzliche und grob fahrlässige Pflichtverletzungen wegen des Klauselverbots des § 309 Nr. 7 BGB. Dies kann zum Beispiel Ansprüche wegen einer Diskriminierung bzw. einer Benachteiligung nach dem AGG betreffen. Seit 1.1.2015 gilt dies auch für Ansprüche nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG): Auch hier können die Vertragsparteien keine Abkürzung der gesetzlichen Verjährungsfristen wirksam vereinbaren.

Generelle Verkürzung unwirksam – laut BGH

Der Bundesgerichtshof BGH hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass Ausschlussfristen, welche die gesetzliche Verjährungsfrist generell verkürzen – wie dies im vorliegenden Beispiel der Fall ist – , gegen § 309 Nr. 7 BGB verstoßen, weil sie damit auch Ansprüche aus der Haftung für Schäden erfassen, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit oder auf groben Verschulden des Verwenders oder seines Erfüllungsgehilfen beruhen, und als Verkürzung der Verjährungsfristen einen Haftungsausschluss bzw. eine Haftungsbegrenzung im Sinne des § 309 Nr. 7 BGB darstellen.

Eine Begrenzung der Haftung im Sinne des § 309 Nr. 7 BGB sei auch die zeitliche Begrenzung der Durchsetzbarkeit entsprechender Schadensersatzansprüche durch Abkürzung der gesetzlichen Verjährungsfristen. Das führe zur Unwirksamkeit einer Klausel, welche vor Verjährungseintritt eine Haftung generell ausschließt, ohne hiervon ausdrücklich z. B. Fälle eines groben Verschuldens auszunehmen, und deren Fassung es nicht zulasse, sie auf diesen unbedenklichen Inhalt zurückzuführen (vgl. BGH, 15. November 2006, VIII ZR 3/06, NJW 2007, 674, Rn. 19 bis 23, 38; 29. Mai 2008, III ZR 59/07, NJW-RR 2008, 1129, Rn. 35; 26. Februar 2009, Xa ZR 141/07, NJW 2009, 1486, Rn. 17, 20).

Demnach sind solche pauschalen Ausschlussfristen gemäß der Rechtsprechung des BGH unwirksam.

Generelle Verkürzung nicht unwirksam – laut BAG

Anders jedoch sieht dies das Bundesarbeitsgericht BAG, welches derzeit noch die Vereinbarung solch pauschaler Abgeltungsklauseln für wirksam erachtet. Das BAG begründet seine abweichende Rechtsprechung mit § 310 Abs. 4 S. 2 BGB, wonach „die im Ar­beits­recht gel­ten­den Be­son­der­hei­ten an­ge­mes­sen zu berück­sich­ti­gen“ sind. Das BAG stellt aber klar, dass beispielsweise vorsätzlich verursachte Schäden von einer solchen vertraglichen Ausschlussfrist nicht mit erfasst sind und zwar unabhängig davon, ob die Parteien das ausdrücklich so regeln oder nicht. Das Bundesarbeitsgericht unterstellt dabei, dass die Parteien nicht gegen gesetzliche Verbote verstoßen wollen. Nach § 202 BGB ist es nämlich ausgeschlossen, vertraglich die Haftung für Vorsatz im Vorhinein auszuschließen. Das BAG sieht es als selbstverständlich so gewollt an, dass die Arbeitsvertragsparteien nicht gegen diese Regelung verstoßen wollen. Das BAG legt damit auch pauschale Abgeltungsklauseln so aus, dass diese trotz des pauschalen Wortlauts nur für solche Ansprüche geltend sollen, die man vertraglich in dieser Weise beschränken darf. Diese Rechtsprechung wird derzeit stark kritisiert, beispielsweise auch vom Landesarbeitsgericht Hamm (LAG Hamm), unter anderem weil es sich hier um eine so genannte unzulässige geltungserhaltende Reduktion handeln könnte. Denn der Wortlaut solcher Klauseln ist eindeutig: Er soll die Verjährung aller gegenseitigen Ansprüche verkürzen. Eine Auslegung dahingehend, dass die Klausel nur für solche Ansprüche gelten soll, für die sie zulässig wäre, steht im Widerspruch zu den sonst geltenden Auslegungsregeln im Zusammenhang mit Arbeitsverträgen (vgl. blue pencil – Verfahren).

Kurswechsel des BAG in Sicht?

Es bleibt abzuwarten, ob das Bundesarbeitsgericht seine bisherige Rechtsprechung bald ändert. Denn derzeit hat das LAG Hamm in mehreren Fällen entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BAG solche pauschalen Ausschlussklauseln für unzulässig erklärt. Diese Fälle liegen nun alle beim BAG, das sich erstaunlich viel Zeit lässt und diese Fälle derzeit sammelt. Dies deutet sehr stark auf eine bevorstehende Änderung der bisherigen Rechtsprechung des BAG hin. Es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich das BAG der Rechtsprechung des BGH anschließen und ebenfalls solche pauschalen Abgeltungsklauseln für unwirksam erklären wird. Dies wäre aus arbeitsrechtliche Sicht eine Sensation. Denn diese Entscheidung dürfte Einfluss haben auf eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen und vielen Arbeitnehmern die Möglichkeit geben, auch später noch Ansprüche beispielsweise auf Urlaubsabgeltung, Überstundenvergütung, variable Vergütung wie Bonus, Provision usw. geltend zu machen. Für Arbeitgeber könnte eine solche Rechtsprechungsänderung teuer werden, so dass sich schon jetzt eine Anpassung bestehender und neuer Arbeitsverträge im Hinblick auf die möglicherweise bevorstehende Rechtsprechungsänderung empfiehlt.

Festzuhalten ist jedoch auch, dass die eingangs erwähnten pauschalen Abgeltungsklauseln schon jetzt unwirksam sein dürften in Geschäftsführeranstellungsverträgen, die nicht in erster Linie nach arbeitsrechtlichen Maßstäben zu beurteilen sind. Für Rechtsstreitigkeiten aus solchen Geschäftsführerdienstverträgen sind die ordentliche Gerichte und nicht die Arbeitsgerichte zuständig, so dass hier die bereits herrschende Rechtsprechung des BGH anzuwenden wäre.