Aufgrund der aktuellen Pandemie führen immer mehr Arbeitgeber Kurzarbeit ein. So berichtete die Deutsche Presseagentur, dass nach den vorläufigen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit 5,36 Millionen Arbeitnehmer im Juni 2020 in Kurzarbeit waren. Dies liegt insbesondere daran, dass der Gesetzgeber als Reaktion auf die coronabedingte Ausnahmesituation die Voraussetzungen der Kurzarbeit modifiziert hat. Trotzdem fürchten weiterhin einige Arbeitnehmer den Verlust Ihres Arbeitsplatzes. Im vorliegenden Beitrag beleuchten wir für Sie das Verhältnis der Kurzarbeit zur Kündigung.
Auch Betriebsbedingte Kündigung während Kurzarbeit grundsätzlich möglich
Sofern der Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes eröffnet ist, muss der Arbeitgeber bei einer Kündigung den allgemeinen Kündigungsschutz beachten.
Für den Ausspruch personen- oder verhaltensbedingter Kündigungen gelten während einer laufenden Kurzarbeit keine Besonderheiten.
Eine Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründen ist jedoch nur dann zulässig, wenn eine unternehmerische Entscheidung zum dauerhaften Wegfall des Arbeitsplatzes führt. Der Anspruch auf Kurzarbeitergeld gem. § 95 SGB III hingegen, setzt einen vorübergehenden (§ 96 Abs. 1 S. 1 Nr. 22 SGB III) erheblichen Arbeitsausfall mit Entgeltausfall voraus.
Die betriebsbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers in Kurzarbeit ist unzulässig, wenn sie mit denselben Gründen gerechtfertigt wird, aus denen der Arbeitgeber vorher die Kurzarbeit angeordnet hat. In diesen Fällen fehlt es in der Regel an dem notwendigen „dringenden“ betrieblichen Erfordernisses:
Der Arbeitgeber hat mit seinem Antrag auf Kurzarbeit ja bereits deutlich gemacht, dass er davon ausgeht, einen vorübergehenden Engpass zu haben, die Stelle aber nicht dauerhaft weggefallen ist. Sonst hätte er gar keine Kurzarbeit beantragen dürfen.
Wenn er nun aus denselben Gründen eine betriebsbedingte Kündigung ausspricht wäre dies widersprüchlich, der diese nur dann ausgesprochen werden kann, wenn die Stelle dauerhaft weggefallen ist
Liegen die Voraussetzungen für die Einführung von Kurzarbeit vor, ist eine betriebsbedingte Kündigung mangels eines notwendigen Dauermangels der Arbeitsmenge also unzulässig.
Ausnahmsweise kann der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer in Kurzarbeit betriebsbedingt kündigen, wenn über jene Gründe hinaus, die zur Einführung der Kurzarbeit geführt haben, weitergehende inner- oder außerbetriebliche Umstände gegeben sind, die auf Dauer den Arbeitsplatz des Arbeitnehmers entfallen lassen.
Er muss also darlegen, dass neue Ereignisse hinzugetreten sind, die etwas Neues ergeben haben, sodass er seine damalige Einschätzung revidieren muss.
Den Arbeitgeber trifft in diesen Fällen aber eine erhöhte Darlegungslast für das Vorliegenden weitergehender Umstände: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts indiziert die Einführung von Kurzarbeit grundsätzlich, dass die von Kurzarbeit betroffenen Arbeitsplätze erhalten werden können. Kündigt der Arbeitgeber nunmehr einen Kurzarbeiter kündigen, so muss er vor Gericht dieses Indiz entkräften (BAG 26.6.1997 – 2 AZR 494/96 – AP Nr. 86 zu § 1 KSchG 1969 = NZA 1997, 1286).
Annahmeverzugslohn im Kündigungsschutzprozess
Kündigt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer, steht diesem unter den Voraussetzungen des § 615 BGB ein Anspruch auf Lohnfortzahlung zu. Danach kann der Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug gerät, für die infolge des Verzugs nicht geleistete Arbeitsleistung die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Umstritten ist, in welcher Höhe dem Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber ein Anspruch auf Lohnfortzahlung zusteht. Eine arbeitgeberfreundliche Ansicht stellt für der vereinbarten Vergütung auf den infolge der Kurzarbeit verminderten Lohnanspruch ab. Nach der wohl vorherrschenden Auffassung entfällt der Anspruch des Arbeitnehmers auf Kurzarbeitergeld, mit der Folge, dass der Arbeitnehmer den vollständig ursprünglich vereinbarten Lohn von seinem Arbeitgeber einklagen kann. Ein Blick in den Tarifvertrag, kann in einigen Fällen für Klarheit sorgen: Oftmals sehen Tarifverträge ausdrücklich vor, dass den gekündigten Mitarbeitern für die Dauer der Kurzarbeit bis zur Entlassung das ungekürzte Entgelt weiterzuzahlen ist.
Überstunden in der Kurzarbeit
Grundsätzlich ist die Anordnung von Überstunden während der Kurzarbeit unzulässig. Überstunden indizieren, dass der Arbeitsausfall nicht unvermeidbar ist und deshalb die Voraussetzungen der Kurzarbeit nicht erfüllt sind. Ausnahmsweise kann in Extremfällen die Anordnung von Überstunden zulässig sein, wenn dem Unternehmen andernfalls schwere Schäden entstünden. Ist die Anordnung von Überstunden nicht durch einen extremen Ausnahmefall gerechtfertigt, so kann sowohl dem Arbeitgeber, als auch dem Arbeitnehmer ein Strafverfahren drohen: Der Arbeitgeber täuscht die Behörde über das Vorliegen der Voraussetzung der Kurzarbeit und der Arbeitnehmer, der die Überstunden erbringt leistet Beihilfe bei diesem Kurzarbeit-Betrug.
Gerade aufgrund der aktuellen Situation kommt es besonders auf die Umstände des Einzelfalls an. Eine pauschale Beurteilung ist kaum möglich, da nicht absehbar ist, wie der Gesetzgeber in Zukunft auf die sich stetig ändernde Ausnahmesituation reagieren wird. Als auf das Arbeitsrecht spezialisierte Kanzlei, stehen wir Ihnen gerne mit unserer Expertise zur Verfügung, um für Sie in ihrem konkreten Einzelfall das Bestmögliche herauszuholen.