Auswirkung einer unwirksamen Kündigung auf das alte Arbeitsverhältnis

Klagt ein Arbeitnehmer gegen eine Kündigung und gewinnt diesen Prozess, hat dies zur Folge, dass die Kündigung unwirksam ist und der Arbeitnehmer so gestellt wird, als hätte es die Kündigung nie gegeben. Das Arbeitsverhältnis beim alten Arbeitgeber besteht also durchgehend fort, auch für den Zeitraum zwischen Kündigung und Gerichtsurteil. In der Folge dieses nachträglich durchgängigen Arbeitsverhältnis hat der Arbeitnehmer gegen den alten Arbeitgeber einen Anspruch auf sogenannten Annahmeverzugslohn. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber dem Mitarbeiter grundsätzlich sein Gehalt für die Monate zwischen der Kündigung und dem Ausgang des Gerichtsverfahrens nachträglich auszahlen muss.

Anrechnung anderweitigen Verdiensts bei doppelten Arbeitsverhältnissen

Hat der Arbeitnehmer in der Zeit nach der Kündigung, aber vor dem gerichtlichen Urteil über die Unwirksamkeit der Kündigung, bereits  ein neues Arbeitsverhältnis begonnen, kommt es nachträglich zum Vorliegen eines Doppelarbeitsverhältnisses. Gemäß § 615 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit § 11 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) verringert sich der vom alten Arbeitgeber geschuldete Annahmeverzugslohn aus dem zu Unrecht gekündigten Arbeitsverhältnis in dem Maße, wie der Arbeitnehmer bereits in der neuen Stelle, die er während des Gerichtsverfahrens angenommen hat, wieder Gehalt verdient hat. Der unwirksam gekündigte Mitarbeiter soll nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden, als wenn es die Kündigung nie gegeben hätte.

Entstehen von Urlaubsansprüchen in Doppelarbeitsverhältnissen 

Gemäß §§ 1, 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) wird der gesetzliche Urlaubsanspruch alleine durch das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses begründet. Einen Zusammenhang zwischen der Erbringung einer tatsächlichen Arbeitsleistung und der Entstehung des Anspruchs besteht nicht. Der Arbeitnehmer erwirbt also in den oben beschriebenen, (nachträglich) doppelten Arbeitsverhältnissen zunächst jeweils den vollen Urlaubsanspruch gem. §§ 1, 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Wenn dies anders wäre, würde das Risiko des möglichen Verlusts des Urlaubsanspruchs in der alten oder der neuen Stelle, je nach Ausgang des Gerichtsverfahrens, allein dem Arbeitnehmer zur Last gelegt werden. 

Der alte Arbeitgeber ist für die unwirksame Kündigung und deren Folgen verantwortlich, weshalb die Zeit während des Gerichtsverfahrens, in der der Arbeitnehmer dort erstmal nicht mehr beschäftigt wird, nachträglich mit einem tatsächlichen Arbeitszeitraum gleichgestellt wird. Gerade wegen der Unabhängigkeit der Entstehung des Urlaubsanspruchs von der Erbringung von Arbeitsleistung, ist es unschädlich, dass der Arbeitnehmer die Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen gar nicht gleichzeitig hätte erbringen können. 

Urteil des BAG: Anrechnung der Urlaubsansprüche 

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Entscheidung vom 05.12.2023 (AZ: 9 AZR 230/22) geurteilt, dass entsprechend des oben geschilderten Umgangs mit Annahmeverzugslohn auch mit den Urlaubsansprüchen aus dem unwirksam gekündigten Arbeitsverhältnis im Fall eines Doppelarbeitsverhältnisses zu verfahren ist. 

Bestehen nachträglich zwei parallele Arbeitsverhältnisse mit dem alten und einem neuen Arbeitgeber, muss zur Vermeidung der Verdoppelung der Urlaubsansprüche eine Anrechnung des im neuen Arbeitsverhältnis gewährten Urlaubs auf den Urlaubsanspruch in dem zu Unrecht gekündigten Arbeitsverhältnisses stattfinden. 

Berechnung des Urlaubsanspruchs und der Vergütung bei doppelten Arbeitsverhältnissen 

Nimmt ein Arbeitnehmer im neuen Arbeitsverhältnis Urlaub und damit seine Urlaubsvergütung in Anspruch, mindert sich also gleichzeitig der Urlaubsanspruch aus dem rechtswidrig gekündigten Arbeitsverhältnis. Fällt die Urlaubsvergütung im neuen Arbeitsverhältnis geringer aus als in dem alten, muss dies über den Annahmeverzugslohn gem. § 11 Nr. 1 KSchG bzw. §  615 S. 1 BGB von dem alten Arbeitgeber ausgeglichen werden.

Beratung zur Berechnung der Urlaubsansprüche

Für den alten Arbeitgeber besteht ein Auskunftsanspruch über die Urlaubstage des Mitarbeiters im neuen Arbeitsverhältnis. Gerne übernehmen unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht für Sie die Prüfung der verbleibenden Urlaubsansprüche. Kontaktieren Sie uns direkt für eine Beratung zu Ihrer individuellen Situation.