Verjährung im Strafrecht – Strafverfolgung und Strafvollstreckung 

Die Möglichkeit der Verjährung ist eine rechtliche Einschränkung im Strafrecht, die sowohl die Strafverfolgung als auch die Strafvollstreckung betreffen kann. 

In der Strafverfolgung bedeutet Verjährung, dass wegen einer Tat kein Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren mehr geführt werden kann, wenn zwischen der Begehung der Tat und ihrer Aufdeckung eine bestimmte Frist abgelaufen ist. Diese Regelung gilt also, wenn es noch keine Strafe für eine Tat gab. Wenn die Verfolgungsverjährung eintritt, weil die Frist abgelaufen ist, muss ein bereits eingeleitetes Strafverfahren eingestellt werden, selbst wenn die Straftat tatsächlich begangen wurde. Dies folgt aus dem Gedanken, dass jeder Mensch nach einer angemessenen Zeit Rechtssicherheit haben soll, ob noch mit einer Verfolgung gerechnet werden muss.

Für den Fall, dass bereits eine Strafe verhängt wurde, diese aber noch nicht vollstreckt wurde – also zum Beispiel eine Geldstrafe noch nicht bezahlt oder eine Freiheitsstrafe noch nicht angetreten wurde – gibt es ebenfalls Verjährungsfristen, die bestimmen, ab wann eine Vollstreckung der Strafe nicht mehr möglich ist.

Beginn der Verjährungsfrist für die Verfolgung von Straftaten

Die Verjährungsfrist für die Möglichkeit der strafrechtlichen Verfolgung einer Tat beginnt in der Regel mit der Beendigung der Straftat. Bei sogenannten Dauerdelikten, wie beispielsweise dem fortgesetzten Besitz von Betäubungsmitteln, beginnt die Verjährungsfrist erst, wenn die Tat vollständig beendet ist, also zum Beispiel. der Besitz der Betäubungsmittel geendet hat. Wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg aber erst später eintritt, so beginnt die Verjährung auch erst mit diesem Zeitpunkt. So wäre beispielsweise eine Situation vorstellbar, in der eine Körperverletzung durch die Vergiftung eines Kuchens herbeigeführt werden soll, der Kuchen aber erst eine Woche nach der Übergabe vom Opfer gegessen wird. In diesem Fall beginnt die Verjährungsfrist nicht mit der Handlung, sondern erst mit dem Erfolg, im Beispielsfall also mit der eingetretenen Gesundheitsschädigung nach dem Konsum des Kuchens.

Dauer der Verjährungsfrist für die Verfolgung von Straftaten

Die Dauer der Verjährungsfrist ist abhängig von der Schwere der Straftat sowie dem für die jeweilige Tat vorgesehenen Strafmaß. So gilt zum Beispiel die längste Verjährungsfrist für die Verfolgung von Straftaten – nämlich eine Frist von 30 Jahren – nur bei solchen Straftaten, für die das Strafgesetzbuch (StGB) eine lebenslange Freiheitsstrafe vorsieht. Bei Straftaten, die gesetzlich mit einer Freiheitsstrafe von ein bis fünf Jahren bedroht sind, gilt dagegen beispielsweise nur eine Verjährungsfrist fünf Jahren. Für alle Straftaten, die mit maximal einem Jahr Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bedroht sind, gilt die reguläre Verjährungsfrist von drei Jahren. Die genaue Auflistung aller Fristen enthält § 78 StGB. Es gibt allerdings eine Ausnahme: Für die Verfolgung eines Mordes gibt es keine Frist, eine solche Tat verjährt also nie.

Ruhen der Verjährungsfrist in der Strafverfolgung

Bei bestimmten Delikten ist im StGB ein Ruhen der Verjährungsfrist vorgesehen. So ruht die Verjährung etwa bei Sexualdelikten gegen Minderjährige bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers. Das bedeutet, dass die Verjährungsfrist faktisch erst nach dem 30. Geburtstag des Opfers zu laufen beginnt. Dies hat den Hintergrund, dass man einem minderjährigen oder gerade erst volljährig gewordenen Opfer genug Zeit geben will, um als Erwachsener eine Entscheidung über eine Strafanzeige zu treffen. Die Straftatbestände, deren Verjährung ruhen kann, sind abschließend in § 78b StGB aufgeführt.

Unterbrechung und Neubeginn der Verjährungsfrist in der Strafverfolgung

Die verschiedenen Schritte eines Ermittlungsverfahrens und gerichtlichen Strafverfahrens, wie zum Beispiel die Vernehmung des Beschuldigten, die Erhebung der öffentlichen Klage oder die Terminierung einer Hauptverhandlung, können die Verjährungsfrist auch unterbrechen. In § 78c StGB sind zwölf verschiedene Verfahrensschritte aufgeführt, die zu einer Unterbrechung der Verjährung führen. In solchen Fällen beginnt die Verjährungsfrist nach der Unterbrechung von neuem zu laufen. Jedoch tritt die Verjährung hinsichtlich der möglichen Verfolgung einer Straftet spätestens nach Ablauf des Doppelten der ursprünglichen Verjährungsfrist ein.

Beginn und Dauer der Vollstreckungsverjährung

Wie oben erläutert, gibt es neben der Verjährung für die Strafverfolgung auch noch gesonderte Regelungen zur Verjährung in der Strafvollstreckung, die aber in der Praxis deutlich seltener zur Anwendung kommen. Bei der Verjährung in der Strafvollstreckung geht es darum, dass eine bereits verhängte, aber noch nicht abgeleistete Strafe nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt vollstreckt, also durchgesetzt werden kann. Dies basiert auf dem Gedanken, dass nach langer Zeit eine Bestrafung eventuell keinen Sinn mehr macht. Dass die Vollstreckung einer Strafe längere Zeit nicht erfolgt, ist zum Beispiel denkbar, wenn der zu einer Strafe Verurteilte nicht auffindbar ist. 

Die Frist für die Vollstreckungsverjährung beginnt mit der Rechtskraft des Urteils, also dem Zeitpunkt, ab dem ein ergangenes Strafurteil nicht mehr angefochten werden kann. Auch hier ist die Dauer der Fristen gestaffelt, in diesem Fall nach der Schwere der Strafe. So verjährt zum Beispiel die Möglichkeit der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von mehr als zehn Jahren erst nach 25 Jahren, wohingegen eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe von mehr als 30 Tagessätzen bereits fünf Jahre nach Rechtskraft des Urteils nicht mehr vollstreckt werden darf. Bei einer Geldstrafe unter 30 Tagessätzen tritt die Vollstreckungsverjährung sogar bereits nach drei Jahren ein; umgekehrt verjährt die Möglichkeit zur Vollstreckung einer lebenslangen Freiheitsstrafe nie. Eine genaue Auflistung aller Fristen findet sich in § 79 StGB.

Ruhen und Verlängerung der Verjährungsfrist für die Strafvollstreckung

Auch bei der Vollstreckungsverjährung gibt es Regelungen zum Ruhen und zur Verlängerung:

Die Verjährungsfrist kann zum Beispiel ruhen, wenn die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe aufgrund schwerer gesundheitlicher Probleme des Verurteilten bewusst aufgeschoben wird. Während dieser Zeit wird die Verjährungsfrist unterbrochen. Die Verjährungsfrist für die Strafvollstreckung kann jedoch gemäß § 79b StGB auch einmalig um die Hälfte verlängert werden, wenn etwa die Auslieferung eines Verurteilten, welcher sich derzeit im Ausland aufhält, nicht möglich ist.

Beratung bezüglich Verjährungsfristen im Strafrecht

Eine genaue Kenntnis der Verjährungsregeln kann in strafrechtlichen Angelegenheiten von entscheidender Bedeutung sein und auch taktisch genutzt werden. Als erfahrene Strafverteidiger können wir Ihnen helfen, Ihre rechtliche Situation besser zu verstehen und die beste Strategie zu entwickeln. Wenn Sie Fragen zur Verjährung in Ihrem individuellen Fall oder zu anderen strafrechtlichen Themen haben, kontaktieren Sie uns gerne.